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Baskische Wähler stärken alte Blöcke

Bei den Parlamentswahlen schneidet die ETA-nahe Partei HB nach dem Waffenstillstand der Separatisten besser ab denn je. Die in Madrid regierende konservative Partido Popular wird zweitstärkste Kraft  ■ Aus Madrid Reiner Wandler

Die große Stimmverschiebung zwischen baskischen Nationalisten (41 Sitze) und landesweiten Parteien (34 Sitze) ist bei den Wahlen zum baskischen Autonomieparlament am vergangenen Sonntag ausgeblieben. Die hohe Wahlbeteiligung von 70,7 Prozent – vor vier Jahren waren es nur 59,7 Prozent – verschob das Verhältnis nicht, wie von den spanischen Parteien erwartet, zu ihren Gunsten. Die Stimmverschiebungen fand innerhalb der Blöcke statt.

Gewinner im nationalistischen Lager ist das Linksbündnis Baskische Bürger (EH). Die von der ETA-nahen Herri Batasuna (HB) dominierte Gruppierung legte 1,8 Prozent zu. Statt der bisher 11 HB- Abgeordneten ist EH künftig mit 14 Parlamentariern mit von der Partie, darunter drei Gefangene aus ETA. Der vor fünf Wochen von ETA ausgerufenen Waffenstillstand zugunsten einer politischen Lösung des seit dreißig Jahren anhaltenden Konflikts um ein souveränes Baskenland hat sich für die Linksnationalisten ausgezahlt.

EH war die Überraschung des Wahlabends. Ihr schenkten diesmal 223.000 Wähler ihr Vertrauen – so viele wie noch nie. Dabei war HB nach dem letzten ETA-Attentat im Juli bei Umfragen auf rund 120.000 Wähler und neun Abgeordnete gesunken. Die Botschaft der Urnen ist klar: Die gewaltfreie Forderung nach Unabhängigkeit ist populärer als die Anschläge von ETA mit dem gleichen Ziel.

Die im Baskenland regierende Baskisch-Nationalistische Partei (PNV) bleibt trotz leichter Verluste stärkste Partei. Mit 27,9 Prozent statt bisher 29,8 Prozent verloren die Konservativen allerdings einen Sitz und ziehen jetzt mit 21 Abgeordneten in das 75 Mitglieder zählende Autonomieparlament ein. Die zweite gemäßigte nationalistische Kraft, die Baskische Solidarität (EA), verlor 1,6 Prozent und liegt jetzt bei 8,7 Prozent.

Im Lager derer, die die spanische Einheit verteidigen, verschoben sich die Stimmen von den kleinen Parteien zu den großen. Die kommunistische Ezker Batua (EB) und die Regionalpartei Union Alavesa (UA) verloren zusammen 7 Sitze. Sie gingen an die in Madrid regierende Partido Popular (PP) und die sozialistische Oppositionskraft PSOE. Die konservative PP legte 5,7 Prozent zu und hat jetzt 16 statt bisher 11 Abgeordnete. Die Wähler belohnten damit die mutige Haltung der Konservativen, die trotz einer Anschlagserie von ETA, bei der sieben PP-Kommunalpolitiker ums Leben kamen, trotz persönlicher Gefährdung weiter im Baskenland offensiv für ihre Politik warben.

Die Partei des spanischen Regierungschef José Maria Aznar wird damit zur zweitstärksten Kraft im Baskenland und verweist die sozialistische PSOE auf Platz vier. Auch die Sozialisten haben nach einem stark auf Zentralismus ausgerichteten Wahlkampf zwei Sitze hinzugewonnen und sind damit im neuen Parlament mit 14 Abgeordneten vertreten.

Großer Verlierer ist das kommunistische Wahlbündniss Ezker Batua (EB) – der baskische Ableger der spanienweit agierenden Vereinigten Linken (IU). EB versuchte im Wahlkampf als einzige Kraft die Blocklogik zu durchbrechen. Statt sich der Forderung nach einem unabhängigen Baskenland oder dem Beharren auf die derzeitigen spanischen Verfassung mit einem Autonomiestatus einzuschwören, verlangten die Kommunisten einen Föderalismus gleichberechtigter Regionen für ganz Spanien nach bundesdeutschem Vorbild. Die Wähler wollten dies nicht nachvollziehen. EB sank von 9,1 auf 5,6 Prozent und verlor vier ihrer bisher sechs Sitze.

Trotz der absoluten Mehrheit des nationalistischen Blocks wird es keine rein nationalistische Regierung geben. EH-Sprecher Arnaldo Otegi lehnte bereits am Wahlabend eine Koalitionsbeteiligung ab. Der PNV-Spitzenkandidat Juan José Ibarretxe wird sich deshalb einmal mehr im Lager der spanienweiten Parteien umschauen müssen. Sowohl PP als auch PSOE sind einer Regierungsbeteiligung nicht abgeneigt.

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