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Lafontaine: Pflegegeld nicht mehr für Vermögende

■ SPD-Parteivorsitzender schlägt vor, Pflegeversicherung aus Steuern zu finanzieren und dort wie auch beim Arbeitslosengeld die Bedürftigkeit zu prüfen. Vorschlag findet wenig Beifall

Berlin (taz) – Der Vorschlag Oskar Lafontaines, Pflegeversicherung und Arbeitslosenunterstützung künftig aus dem Versicherungsprinzip zu lösen und mehr an die persönliche Bedürftigkeit zu binden, findet bislang auch innerhalb der SPD keine Befürworter. „Fragen Sie bei der Partei nach, der Vorschlag kommt nicht aus der Fraktion“, hieß es gestern dazu bei der SPD-Bundestagsfraktion. Bei der Parteipressestelle wiederum verwies man an das Büro Lafontaines. Von dort gab es gestern bis Redaktionsschluß keine weiteren Statements.

Der SPD-Parteivorsitzende hatte am Sonntag vorgeschlagen, darüber nachzudenken, ob nicht künftig das Pflegegeld aus Steuermitteln kommen solle, reiche Pflegepatienten bekämen dann keine Pflegeunterstützung mehr. Er sei immer der Auffassung gewesen, die Pflegeversicherung „steuerzufinanzieren und in einer Erben- und Vermögensgesellschaft über die Bedürftigkeitsprüfung eine Auswahl zu treffen, damit diejenigen in den Genuß der steuerfinanzierten Pflege kommen, die auf keinerlei Vermögen, keinerlei hohe Einkommen zurückgreifen können“, erklärte Lafontaine.

Partei und Gewerkschaften müßten weiter darüber nachdenken, ob nicht auch bei der Arbeitslosenversicherung der Fall gegeben sei, „nach dem Sozialstaatsprinzip vorzugehen statt nach dem Prinzip der Versicherungsleistung“. Die Bedürftigkeitsfrage würde immer dann aufgeworfen, wenn „Mißbrauch in der Form getrieben wird, daß ein hochvermögender Unternehmer oder Selbständiger etwa den Partner beschäftigt, ihm dann kündigt und dann in hohem Umfang Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen werden“, erläuterte Lafontaine.

Er begründete seine Vorschläge damit, daß man konsequent sein müsse, wolle man die Lohnnebenkosten zurückführen. Konkrete Vorschläge, wie das Pflegegeld aus Steuermitteln gespeist und beim Arbeitslosengeld die Bedürftigkeit geprüft werden könnte, lieferte Lafontaine nicht.

Bisher gilt beim Arbeitslosengeld (Alge) das Versicherungsprinzip: Das Alge wird aus den Beiträgen der Beschäftigten finanziert und richtet sich nach dem vorangegangenen Nettolohn, unabhängig von Einkünften des Ehepartners.

In der Pflegeversicherung bekommen Pflegepatienten bestimmte feststehende Sätze, unabhängig von der eigenen Rente oder dem eigenen Vermögen. Erbschaften werden daher nur noch bedingt angetastet. Erfreut griff gestern FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle die Vorschläge Lafontaines auf. Auch die FDP sei dafür, die Treffsicherheit der Sozialsysteme zu vergrößern, so Westerwelle. BD

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