: Rot-Grün braucht Mumm
■ SPD-Fraktionschef Böger feierte mit den Grünen die Wahl von Bundeskanzler Schröder
Mit einem Sektempfang feierte SPD-Fraktionschef Klaus Böger gestern die Wahl von Bundeskanzler Schröder. Zur TV-Übertragung der Kanzlerwahl war auch der Fraktionsvorstand der Bündnisgrünen eingeladen. Die zündende Idee bei der Auswahl der Sektmarke hatte deren parlamentarischer Geschäftsführer Jürgen Wachsmuth geliefert: „Wir brauchen jetzt viel Mumm.“ Gemünzt war dies auf die rot-grüne Zusammenarbeit in Bonn und nicht so sehr auf die Frage, ob die SPD den Mumm hat, die ungeliebte Große Koalition platzen zu lassen.
Die Aufforderung „Neuwahlen jetzt!“ prangte dennoch auf der Torte, die der grüne Abgeordnete Wolfgang Wieland SPD-Fraktionschef Böger überreichte. Auf ihr prangte ein Sessel, halb aus rotem, halb aus grünem Marzipan. „Der Sessel des Regierenden Bürgermeisters ist zu vergeben, und wir sind für den schnellsten Weg, nämlich vorgezogene Neuwahlen“, sagte Wieland zu Böger. Doch Böger konterte: „Ich bin immer für den Vordereingang.“
So groß die Freude über die erste rot-grüne Bundesregierung gestern war, es ist ein „geliehener Erfolg“, wie die FAZ treffend bemerkte. Denn die Berliner Wahl ist noch lange nicht gewonnen, Böger ist noch nicht einmal SPD-Spitzenkandidat, und auf seinem Schreibtisch mahnte eine Klarsichthülle mit der Aufschrift „Bergmann- Nachfolge“ an das ungelöste Personalproblem der SPD. Doch hofft die Berliner SPD auf rot-grünen Rückenwind aus Bonn. „Da drüben zieht Finanzminister Lafontaine ein“, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Petra Merkel, mit Blick aus Bögers Amtszimmer auf das Rohwedder- Haus. Die Grünen ihrerseits hoffen darauf, in Berlin mit einem zweistelligen Wahlergebnis mehr Gewicht auf die Waagschale zu bringen als im Bund. „Ein Drittel Grün, zwei Drittel Rot“, wünscht sich Fraktionschefin Renate Künast das Kräfteverhältnis. Die Frage, wer Koch und wer Kellner ist, stelle sich dann neu, drohte sie keck in Bögers Richtung. Eines war gestern sehr deutlich zu spüren: Das Klima zwischen Böger und den Grünen ist freundschaftlich, sogar herzlich. Dorothee Winden
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