■ Die Anderen: "Liberation" aus Paris meint zum neuen Deutschen Bundestag / "La Republique du Centre" aus Chartres schreibt zum gleichen Thema / "Politiken" aus Kopenhagen zum Ende des Nato-Ultimatums an Jugoslawien
„Libération“ aus Paris meint zum neuen Deutschen Bundestag: Frauen, Junge, Alte, Homosexuelle, Behinderte, ein Punk, Einwandererkinder... Der neue Bundestag ist nicht nur der am weitesten links angesiedelte in der Geschichte der Bundesrepublik, er spiegelt auch besser als je zuvor die deutsche Gesellschaft in ihrer Verschiedenartigkeit wider. Die sehr Jungen ziehen in Scharen in dieses Parlament ein. Dieser Einzug von Jungen, von Frauen, aber auch anderen Repräsentanten von „Minderheiten“ ist vor allem zwei Parteien zu verdanken: den Grünen und den Kommunisten, die die anderen progressiv dazu drängen, ihnen nachzueifern. Diese wenigen schimmernden Persönlichkeiten verhindern allerdings nicht, daß die Mehrzahl der Mitglieder des Bundestags ausgesprochen klassisch bleibt. Der am meisten verbreitete Beruf unter den Neugewählten ist der des Beamten.
„La Republique du Centre“ aus Chartres schreibt zum gleichen Thema: Es ist klar, daß der Antritt einer „rosa-grünen“ Regierung ein lebhaftes Interesse in Frankreich hervorruft. Bei den Kommentaren der französischen Sozialisten zu Gerhard Schröder kann man feststellen, daß sie eine gewisse Vorsicht ausdrücken. Als ob sich Lionel Jospin auch da eine Inventur vorbehalten wolle. Gerhard Schröder hat in sein Programm die Reform des Staatsbürgerrechts und den Atomausstieg festgeschrieben, auch wenn er bestimmten Maximalforderungen seiner Verbündeten – wie der Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h oder der Legalisierung des Cannabiskonsums – nicht nachgegeben hat. Daneben wirkt Lionel Jospin als kleinmütiger Reformer. Und das ist genau das, was die französische Linke hindert, Gerhard Schröders Amtsantritt zu laut zu beklatschen.
„Politiken“ aus Kopenhagen schreibt zum Ende des Nato-Ultimatums an Jugoslawien bezüglich des Truppenabzugs aus dem Kosovo: Zum Ende des Nato-Ultimatums an Milošević hat der jugoslawische Präsident seinen Teil der Vereinbarungen nicht erfüllt. Der jüngste Tod mehrerer Kinder ist nur ein Beweis. Tausende Kosovo-Albaner, die sich bei zunehmender Kälte in Wäldern und Bergen verstecken, sind ein weiterer. Deshalb muß die Nato militärisch handeln, falls nicht Milošević doch noch in letzter Sekunde seine Verpflichtungen erfüllt. Ein Luftangriff löst das Kosovo-Problem nicht, kann aber dazu beitragen, daß eine Lösung erzwungen wird. Sollte die weitere Entwicklung auch den Kriegsverbrecher Milošević zu Fall bringen, könnte das überdies die mittelalterliche serbische Dominanz im Kosovo beenden. Solange das nicht der Fall ist, muß eine internationale Präsenz in der Provinz aufrechterhalten werden. So können Bomben den Weg bahnen für mehr als nur eine Pause bei den serbischen Übergriffen.
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