: Alte Mauern unter dem Hammer
■ Eines der prächtigsten Schlösser Schleswig-Holsteins wird morgen zwangsversteigert. Hamburger zieht Angebot zurück
Es riecht muffig. In den Räumen ist es düster, Spinnweben in den Ecken verleihen dem Schloß zusätzlich etwas Geheimnisvolles. Doch das seit 1978 unter Denkmalschutz stehende Schloß Grabau im Kreis Stormarn soll wieder aus seinem Dornröschenschlaf geweckt werden – per Zwangsversteigerung. Auf Betreiben der WestLB, der Gläubigerbank des 1997 tödlich verunglückten früheren Besitzers, kommt morgen eines der prächtigsten Herrenhäuser Schleswig-Holsteins im Amtsgericht der Kreisstadt Bad Oldesloe unter den Hammer.
BieterInnen werden tief in die Tasche greifen müssen, um das zwischen 1906 und 1908 gebaute Schloß wieder salonfähig zu machen. Das Gebäude ist rund 800.000 Mark wert, „das Mindestgebot liegt bei 400.000 Mark“, sagt die Oldesloer Rechtspflegerin Renate Möws. Dazu kommen die Kosten für die Sanierung des Schlosses: Elektroanlagen und Wasserleitungen müssen erneuert werden, außerdem muß der neue Eigentümer eine Kanalanschlußgebühr von 50.000 Mark zahlen. Insgesamt müßten KäuferInnen bis zu vier Millionen Mark aufbringen, schätzt Hans-Dieter Poloczek von der WestLB, „je nachdem, was aus dem Gebäude werden soll“.
Fest steht bereits, daß im ehemaligen Schloß Grabau kein Zentrum für traditionelle chinesische Medizin eingerichtet wird, wie es der Hamburger Antiqitätenhändler Conrad Müller zunächst besabsichtigt hatte. „Man kann hier viel zu wenig sehen, wie soll man denn da bieten“, schimpfte er und zog sein Gebot zurück.
Die 17 Wohnungen im Schloß und damit der Großteil der 1.500 Quadratmeter Nutzfläche waren für Besichtigungen tabu, weil die Appartments bewohnt sind. InteressentInnen durften nur den Keller sehen, Teile des Erdgeschosses und des ersten Stockwerks mit seiner Galerie sowie die Turmräume und die Turmplattform selbst. „Das müssen wir so akzeptieren. Der neue Eigentümer muß eben mit allen Mietern Termine abmachen“, versuchte Zwangsverwalter Carlos Drescher aus Hamburg zu beruhigen.
Leicht wird es nicht, das Schloß sinnvoll zu bewirtschaften. Für ein Hotel gibt es zu wenig Räume, ein Restaurant wäre jedoch ebenso denkbar wie eine reine Eigennutzung. Das plant zumindest eine Architektenfamilie, die mit allen Geschwistern und deren Familien in Grabau einziehen würde. lno
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