: Raab unter Käseglocke
■ Schulleiter, Personalräte und die GEW werfen Senatorin Managementdefizite vor
Anna Ammonn reicht's. Hamburgs Schulsenatorin Rosemarie Raab hat ihrer Ansicht nach „vol-lends den Bezug zur Schulwirklichkeit verloren“. Raab, so unterstellte die GEW-Chefin gestern, sitze „in ihrer Behörde wie unter einer Käseglocke“ und entwerfe Richtlinien. Etwa jene „zur Vermeidung von Unterrichtsausfall“ (taz berichtete), die derzeit in der Schuldeputation diskutiert wird. Kooperation sei der sozialdemokratischen Senatorin fremd, kritisierte die GEW, und so erfuhren Schulleiter und Lehrerpersonalräte nur über Umwege von den neuen Plänen ihrer Dienstherrin.
Laut denen hat der Grundunterricht im abgezirkelten 45-Minuten-Rhythmus künftig absoluten Vorrang vor Förderstunden oder Projektunterricht. Die Schulleitungen sollen außerdem für alle LehrerInnen Stundenkonten führen, die ausgefallene Grundstunden und Vertretungsstunden, die ein Lehrer leistet, gegeneinander aufrechnen. Jeder Lehrer ist zudem verpflichtet, im Monat bis zu drei Vertretungsstunden umsonst zu leisten. Nützt all dies nichts, bietet die Senatorin den Schulen an, Stellen in Geld umzuwandeln und damit sozialversicherungsfreie 620-Mark-Jobs für HilfsvertretungslehrerInnen zu schaffen.
Damit, monierte Egon Tegge, Chef des Personalrats Gymnasien, „etabliert nun auch eine Sozialdemokratin den Mißbrauch mit 620-Mark-Jobs“. Sechs Millionen Mark Verlust, hat Tegge errechnet, würde die Behörde damit bei den Sozialversicherungsträgern verursachen. Die „Mehrarbeitsverordnung“, wie Ammonn sie nennt – und da sind sich auch die Schulleiter und Personalräte aller Schulen einig –, „wird verheerende Auswirkungen auf die pädagogische Arbeit“ haben. Positive Unterrichtsansätze und Projekte würden unmöglich, Förderstunden müßten gestrichen werden, in den Kollegien mache sich schon heute Verbitterung breit.
„Es besteht die Gefahr, daß durch diese Richtlinie alle wichtigen Ansätze, Schule zu reformieren, zunichte gemacht werden“, sagt auch Christa Goetsch, schulpolitische Sprecherin der GAL. „Wenn Frau Raab nicht mitkriegt, daß die Managementdefizite bei ihr liegen“, drohte GEW-Chefin Ammonn gestern, „dann werden wir deutlich machen: Bildungspolitik geht auch ohne sie.“
Karin Flothmann
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