: Friede, Freude, Garzweiler: Es darf gesümpft werden
■ Grüne Ministerin Höhn erteilt wasserrechtliche Genehmigung – zunächst bis 2023: „Das ist keine Niederlage.“ Clement lobt „industriepolitische Handlungsfähigkeit“. Unternehmen Rheinbraun zufrieden
Düsseldorf (taz) – Die rot-grüne Regierung in Nordrhein-Westfalen hat nach langem Ringen im Streit um Garzweiler II offenbar eine Lösung gefunden, bei der beide Seiten ihr Gesicht wahren können. Auch mit der jetzt nachgebesserten wasserrechtlichen Genehmigung für den Braunkohletagebau sieht die grüne Umweltministerin Bärbel Höhn ihre Position „in der Substanz gehalten“. Dies sei „keine Niederlage“. Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) begrüßte den Kompromiß und wertete ihn als „Durchbruch bei der Durchsetzung industriepolitischer Ziele durch rot-grüne Regierungen“. Die Einigung war in der Nacht zum Freitag zwischen SPD, Grünen und dem Bergbauunternehmen Rheinbraun ausgehandelt worden. Rheinbraun sagte, alle vom Unternehmen kritisierten Auflagen und Bedingungen seien entfallen.
Der wichtigste Unterschied zwischen dem ersten, am Dienstag von Höhn vorgelegten, und dem jetzigen Entwurf: Die wasserrechtliche Genehmigung wird nun statt bis zum Jahr 2017 auf das Jahr 2023 verlängert. Dann soll sie überprüft werden. Rheinbraun hatte eine „Blankoerlaubnis“ bis 2046 gefordert. Bei der Widerrufsklausel bei der Sümpfung (Abpumpen des Grundwassers) gab es einen Kompromiß: Es wird auf die allgemeinen gesetzlichen Regelungen verwiesen, falls Naturschutzgebiete durch die Grundwasserabsenkung gefährdet werden. Dem Genehmigungsentwurf müssen jetzt die Bezirksregierungen in Köln und Düsseldorf zustimmen.
Die Umweltministerin, die 1995 mit dem Ziel in die rot-grüne Landesregierung eingetreten war, Garzweiler II zu verhindern, gibt immerhin eine Teilniederlage zu. „Daß ich einen Genehmigungsentwurf vorlegen mußte, ist vom Fakt her eine Niederlage. Von der inhaltlichen Substanz, die ich immer vertreten habe, ist es keine Niederlage.“ Der grüne Fraktionssprecher im NRW-Landtag, Roland Appel, meinte, Rheinbraun müsse nun zur Kenntnis nehmen, daß Frau Höhn auch weiterhin eine „Garantenstellung für die Feuchtgebiete“ habe. „Die Frage, ob tatsächlich gebaggert wird, wird nicht heute entschieden.“ Nachdem das Unternehmen durch den Entwurf die nötige Planungssicherheit habe, müsse es auf der Grundlage der Investitionskosten entscheiden, ob sich der Braunkohletagebau noch rentiere.
Der Vorsitzende der IG BCE, Hubertus Schmoldt, bezeichnete die neue wasserrechtliche Genehmigung als „Sieg für die heimische Energieversorgung“ und dankte Ministerpräsident Clement für seinen „außergewöhnlichen persönlichen Einsatz“. Markus Dufner
Kommentar Seite 12
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