Freiraum für Genie und Wissen

Der Studiengang „Schauspieltheater-Regie“ wird zehn Jahre alt  ■ Von Barbora Paluskova

TheaterregisseurInnen sind keine bloßen Genies. Das ist in Hamburg bekannt, seit vor zehn Jahren am Institut für Theater, Musiktheater und Film der Studiengang Schauspieltheater-Regie gegründet wurde. Etwa acht Plätze pro Jahr werden besetzt. Sind nicht genügend geeignete BewerberInnen vorhanden, darf der Jahrgang auch gerne kleiner ausfallen – um so weniger Gedrängel herrscht in den Proberäumen. Acht Semester lang muß Theorie gebüffelt und Praxis gesammelt werden. Neben den Leitern Manfred Brauneck und Jürgen Flimm unterrichten GastdozentInnen aus der Theaterpraxis die zur Zeit 28 Studierenden.

Das Konzept des Institutes, keinen besonderen Stil zu predigen, sondern bewußt Freiräume für die Entwicklung eines eigenen künstlerischen Profils zu bieten, hat sich bewährt. In diesem Jahr stellten die HamburgerInnen bei dem Nachwuchsregie-Wettbewerb der renommierten Wiener Festwochen drei der sechs geladenen TeilnehmerInnen und mit Ute Rauwald auch die Siegerin. Die AbsolventInnen sind an Staatstheatern gern gesehen, wenn es Stellen für Regieassistenzen zu vergeben gilt.

Allerdings wollen viele gar nicht mehr den sicheren Weg einschlagen. Nach dem Diplom arbeiten sie als freie RegisseurInnen, und der Erfolg etwa von Sandra Strunz oder Nicolas Stemann gibt ihnen recht. Freie Inszenierungen vor dem Abschluß sind ebenfalls üblich und werden zum Beispiel an den Kammerspielen bei dem Festival Die Wüste lebt! präsentiert. Die Zusammenarbeit mit Schauspielschulen wird genauso gepflegt wie die Ko-operation mit dem Thalia Theater, dem Schauspielhaus und Kampnagel: Bei den Jungen Hunden sind regelmäßig Diplominszenierungen zu Gast.

Das derzeit in den Zeise-Hallen und im TiK laufende Festival Täglich füttern bietet dagegen Gelegenheit, sich Studienprojekte anzuschauen; darunter auch solche, die normalerweise nicht öffentlich zu sehen sind. Die Bandbreite theatraler Möglichkeiten bewies schon Friederike Heller bei der Eröffnung am Freitag. Ihre Peepshow nach George Tabori zeigt in schnellen, krassen Szenen die Karikatur fast eines halben Lebenslaufs. Held Willi (Fritz Fenne) läßt sich genuß- und qualvoll von allen Seiten bedrängen. Mutti, Ehefrau und Geliebte (Nina Weniger) treiben den hilflos sabbernden Egomanen zur Verzweiflung, bis die Grammatik versagt und Dutzende von Bananen verspielt sind.

Nicht ganz so bunt, aber genauso aufregend ist Esther Undisz' Inszenierung von Manfred Karges Jacke wie Hose. In Tini Prüferts Solo wird durch den Wechsel von Erzählung und bewegten Bildern die Geschichte einer Arbeiterin lebendig, die den Totenschein ihres Ehemanns unterschlägt und es so bis zum Kranführer bringt.

Leicht verhoben hat sich dagegen Christoph Diem am armen Käthchen. Seine Angels in Heilbronn lassen nur wenig Spannung aufkommen, trotz massierter Effekte und Jens Kraßnigs witziger Interpretation der Kunigunde als verklemmte Bardame.

Weitere acht Inszenierungen stehen noch bis Freitag auf dem Programm – erwarten Sie alles, aber nicht zuviel.

Im TiK: L'oiseau jaune (2.11., 18 Uhr); Tagträumer (3.11., 20 Uhr); Das Käthchen von hinten (4.11., 20 Uhr); Anatomie Titus Fall of Rome (5. und 6.11., 20 Uhr).

In den Zeise-Hallen: Preparadise Sorry Now (2. und 3.11., 20 Uhr); Lederfresse (2. und 3.11., 21 Uhr); Bericht für eine Akademie (4.11., 19 Uhr und 5.11., 20 Uhr); Endlich Schluß (5.11., 21.30 Uhr und 6.11., 20 Uhr)