piwik no script img

Kleiner Mann gegen Deutsche Bank

■ Ein Verdener Unternehmer will von der Deutschen Bank Schadensersatz: Das Kreditinstitut soll ihn durch einen falschen Schufa-Eintrag fast ruiniert haben / Bremer Staatsanwälte prüfen Vergehen gegen Datenschutz

Was der Maschinenbaumeister Hans-Hermann Schaper in den letzten drei Jahren erlebt hat, ist ein Datenschutzkrimi. Die Auseinandersetzung des Verdeners mit der Deutschen Bank um eine 400-Marks-Forderung für Kontoführung trieb ihn auf grotesken Umwegen an den Rand des Ruins: Während der Mittvierziger nämlich die Höhe der Gebührenforderung noch bestritt, meldete das Bankhaus ihn kurzerhand bei der „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung GmbH“, kurz Schufa. Der Eintrag: „Girokonto gekündigt“ (siehe Kasten unten).

Kurios: Bereits sechs Monate zuvor, im Mai 1995, hatte das Bankhaus dem streitbaren Kunden die Schlußabrechnung für dessen Konto zugeschickt; es hatte damit auf ein Schreiben Schapers reagiert, in dem dieser der Bank mitteilte, daß er sein dortiges Konto auflösen wolle. Mittlerweile wurde der Zwist per Vergleich beigelegt. Wo immer Schaper sich allerdings nach dem Schufa-Eintrag um Bankkredite, etwa zur Vorfinanzierung von teuren Maschinenersatzteilen, bemühte, blitzte er ab. Dagegen wehrt er sich jetzt mit allen Mitteln.

„Sauerei hoch drei“, nennt Schaper das Vorgehen der Deutschen Bank. Er hatte sich 1995, nach der vereinigungsbedingten jahrelangen Flaute im Maschinenbau gerade wieder selbstständig gemacht. Sein Leistungsangebot: Reparatur, Umbau und Modernisierung von computergesteuerten NC- und CNC-Werkzeugmaschinen, werteten Fachleute als aussichtsreiche Firmenidee in einer Marktnische. Doch statt sein Geschäft betreiben zu können, lief Schaper von Bank zu Bank, um ein Girokonto zu eröffnen, Wirtschaftsfördermittel oder Kredite zu bekommen, ohne die er höchstens Reparaturen, aber nicht das Aufrüsten teurer Maschinen bestreiten konnte. Doch er blieb erfolglos. „Der Schufa-Eintrag ist Schuld“, sagt er. Sogar die Verlängerung des Vertrags für das Leasing seines Geschäftswagens platzte, „obwohl ich immer alle Raten gezahlt hatte“.

Sein Bremer Anwalt, Andreas Witte, erklärt, wie es dazu gekommen sein könnte: „Alle Bankhäuser, die für diesen Kunden bei der Schufa jemals eine Anfrage gemacht haben, bekommen automatisch auch die Negativ-Nachmeldung.“ So sei der von der Deutschen Bank veranlaßte, „nicht gerechtfertigte Schufa-Eintrag über ganz Deutschland wild verteilt worden“. Die Schufa widerspricht dieser Sichtweise, „da es selbst bei einer Falschmeldung an der Kausalität zwischen Schufa-Auskunft und der Entscheidung der (jeweiligen, Anm. d. Red.) Bank fehlt“.

Erst neun Monate später, im September 1996, nachdem Hans-Hermann Schaper den Bremer Datenschutzbeauftragten eingeschaltet hatte, erreichte dieser eine „Löschung“ (siehe Kasten) des Eintrags. Aus Sicht des Betroffenen und seines Anwalts viel zu spät. Der Schaden sei bereits eingetreten, denn die Kredithäuser, mit denen Schaper bisher zusammengearbeitet hatte, hatten die schädliche Mitteilung bereits erhalten – „aber keine Meldung, daß der Eintrag erstens gelöscht und zweitens fehlerhaft vorgenommen worden war“, so Schaper. Damit, daß die Banken bei einer aktuellen Nachfrage von dem für einen Geschäftsmann „tödlichen Eintrag“: „Girokonto gekündigt“ nichts mehr erfahren, sei die Sache für ihn nicht beendet. Bank und Schufa halten dagegen, daß Schaper lange nicht gehandelt habe, obwohl ihm der Eintrag bekannt war. „Mensch, ich wußte damals doch gar nicht wie“, sagt dazu der Betroffene – der sich mittlerweile im Datenschutz kundig gemacht hat.

Schaper hat die Deutsche Bank und die Schufa angezeigt. Wegen gemeinschaftlich begangener Verleumdung und wegen Verstoßes gegen § 43 des Bundesdatenschutzgesetzes. „Das kann doch schließlich nicht wahr sein, daß jemand falsche Daten übermittelt.“ Außerdem will er die Deutsche Bank auf „entgangenen Gewinn“ verklagen. Ein Gutachten der Handwerkskammer Stade-Lüneburg soll dem Maschinenbauer helfen, die sechsstellige Forderung einzuklagen. „Ein mehr als ungewöhnlicher Fall“, sagt der Bremer Anwalt des qua Schufa-Eintrag behinderten Geschäftsmannes. ede

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen