: US-Republikaner zerknirscht
■ Was haben wir nur falsch gemacht, wundern sich die Lewinsky-versessenen Verlierer der Kongreßwahlen in den USA. Jetzt wollen sie sachlicher werden. Sogar Gingrichs Stuhl wackelt
Washington (dpa) – Nach der Schlappe bei den Kongreßwahlen in den USA wollen die Republikaner das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Bill Clinton schnell beenden. Gleichzeitig gerät die konservative Parteiführung zunehmend unter den Druck des liberalen Flügels. Das waren gestern in Washington die wichtigsten Entwicklungen nach dem überraschenden Wahlsieg der Demokraten.
Bei den Vorermittlungen zu dem Amtsenthebungsverfahren gegen Clinton wegen Monica Lewinsky sollen nun nur noch Sonderermittler Kenneth Starr und ein Experte für eidliche Zeugenaussagen vor den Rechtsausschuß des Repräsentantenhauses gerufen werden. Das schlägt Ausschußvorsitzender Henry Hyde zur Abkürzung des Verfahrens vor. Die zweitägige Anhörung soll am 19. und 20. November stattfinden. In der folgenden Woche soll der Ausschuß dann bereits darüber abstimmen, ob er dem Parlamentsplenum die Einleitung eines formellen Amtsenthebungsverfahrens vorschlägt. Dies gilt inzwischen als unwahrscheinlich.
Der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, muß bei der Neuwahl in seiner Fraktion in zwei Wochen um sein Amt fürchten. Gingrich, der in den letzten Wochen des Wahlkampfes den Clinton/Lewinsky-Skandal erneut zum Thema der Kampagne gemacht hatte, gab strategische Fehler zu. „Wir haben völlig unterschätzt, daß die Bürger das Thema wegen der ausführlichen Medienberichterstattung satt hatten“, sagte er. Es wäre für die Republikaner besser gewesen, sich auf sachliche Themen wie Steuer- und Sozialpolitik zu konzentrieren.
Insgesamt zeigten die Wahlen zum Parlament, daß Republikaner und Demokraten praktisch gleichauf liegen: 49 Prozent stimmten für die Republikaner, 48 Prozent für Clintons Partei. Die Wahlbeteiligung bewegte sich mit 37 Prozent auf dem bei Zwischenwahlen üblichen niedrigen Niveau. In den für die Gesetzgebung wichtigen Parlamenten der Bundesstaaten haben die Demokraten ihre Mehrheit deutlich ausbauen können. Nach einer gestern veröffentlichten Übersicht haben sie jetzt in 21 Staaten die Mehrheit in beiden Häusern (plus 1), die Republikaner in 17 (minus 2). Der Ausbau der demokratischen Mehrheit hat Bedeutung für den Zuschnitt der Wahlkreise für die Präsidentenwahl 2000, die unter Verantwortung der Staatsregierungen erfolgt. Dabei wird oft nach parteipolitischen Interessen entschieden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen