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Aus dem Debütandenstadl

■ Nach ungezählten Regieassistenzen hat Kira Scheffel jetzt erstmals die Lizenz zum Inszenieren: „Liebestoll“ von Shepard

Es ist ein Fall aus der Rubrik „Ach Du bist das!?“ Seit ein paar Jahren taucht eine Frau namens Kira Scheffel hier und da und dort als Regieassistentin in den Schauspielprogrammheften des Bremer Theaters auf. Und seit ein paar Jahren ist mit einer schlanken, brünetten Frau nach Premieren gut plaudern über das Theater und so fort. Jetzt fanden Name und Person endlich zusammen, womit einiges über die Schusseligkeit des Chronisten und mehr über das Dasein von RegieassistentInnen gesagt ist.

Sie müssen immer den Überblick behalten, sollen bei Bedarf SchauspielerInnen und RegisseurInnen unterstützen und haben sowieso keinen Einfluß auf die Inszenierung. So ungefähr hat die studierte Germanistin Kira Scheffel ihre Mitarbeit an Siegfried Bührs Dorst-Inszenierung „Die Legende vom armen Heinrich“, an Christina Friedrichs „Clockwork Orange“ und anderen Schauspielproduktionen erlebt. Natürlich hat sie auch viel gelernt dabei. Doch jetzt darf sie aus dem Schatten der Assistentätigkeit treten. Ihr schon in der vergangenen Saison angesetztes und dann kurzfristig aus theaterinternen Sparzwängen abgesagtes Regiedebüt mit Sam Shepards „Liebestoll“ („Fool for Love“) feiert am Sonntag im Debütandenstadl Brauhauskeller Premiere.

„Mit Liebe hat das eigentlich nichts zu tun“, sagt Kira Scheffel über Shepards 1983 veröffentlichtes und 1985 von von Robert Altman mit Kim Basinger, Harry Dean Stanton und Shepard selbst in den Hauptrollen verfilmtes Stück. Es erzählt die Inzestgeschichte der Halbgeschwister Eddie und May. Sie schaffen es nicht, aus ihrer gefährlichen Beziehung auszubrechen. Kira Scheffel hat eine genaue, auf den ersten Blick bescheidene Vorstellung von ihrer Inszenierung: Sie will die Geschichte erzählen, will das Publikum sozusagen hineinsaugen in die Handlung.

Das Regie führen ist für die Debütandin vor allem eine Sache des Handwerks. Das bezieht sie nicht nur auf ihre Selbsteinschätzung. Auch das, was sie für gutes Theater hält, basiert vor allem auf Arbeit. Die Stichworte: genaue Personenführung, Verinnerlichung statt Pathos und bloß keine überinszenierte Künstlichkeit. Sie hat es aus der Innensicht schon selbst erlebt, wie eine Regisseurin auf ihr Genie vertraute und die Inszenierung baden ging. „Genie gibt es nicht“, sagt Kira Scheffel, die schon im Studium Dramen nie wissenschaftlich nüchtern, sondern immer mit visueller Phantasie lesen konnte. Nun kann sie diese Phantasie am Beispiel Shepard auf der Bühne entfalten.

Und was passiert nach der Premiere? Kira Scheffel ist realistisch: Es wird schwierig, denn eine Debütinszenierung wird für ein Engagement durch ein anderes Theater nicht ausreichen. So war es auch bei Kay Neumann. Der Ex-Regieassistent hat zweimal im Brauhauskeller inszeniert, bis er größere Regieaufträge erhielt. „Aber der hat sich durchgebissen“, sagt Scheffel und will ihm nacheifern. ck

Premiere Sonntag, 8. November, 20.30 Uhr, Brauhauskeller

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