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ZwischenrufEin guter Freund

■ Ein 1:0 zu halten, bedeutet doch nicht, daß man das 2:0 nicht schießen darf

Es war klar, daß hier in Bremen eine Serie zu Ende gehen würde. Aber, tut mir leid, liebe Bremer, nicht die des SV Werder, sondern die der Borussia. Was sind schon 186 Tage ohne Heimsieg, die Borussen, im-merhin amtierender Weltpokalsieger, haben sage und schreibe 191 Tage auswärts nicht ge-wonnen. Wo sollte das Ende dieser Serie leichter fallen, als bei den völlig verunsicherten Bremern. Die Punkte nimmt der BvB mit nach Hause.

Das mußte auch so sein, denn erstens ist die Borussia sowieso besser, zweitens hatte sie nach der blamablem Vorstellung im Pokalspiel gegen den VfB Stuttgart eine Menge gutzumachen und drittens hatte Trainer Michael Skibbe das schon vorher angekündigt. Der Mann muß Ahnung haben, er hat schließlich die geballte Kreativ- und Offensivabteilung mit mindestens zehn Millionen Mark Jahresgehalt (Barbarez, Häßler, Chapuisat – Möller fehlte verletzungsbedingt) gegen Bremen draußen gelassen, dafür Nasen wie Steffen Freund (spielt seit Wochen wie eine Wurst) gebracht und das Mittelfeld mit soliden Arbeitern (Hengen, Baumann, Freund, Nerlinger) besetzt. Das riecht nach ausgefeilter Taktik, aber letztendlich macht man damit unzähligen Zockern den Toto-Tip kaputt, schließlich hatten 95 Prozent der Dortmunder auf einen Auswärtssieg gesetzt, in der Annahme allerdings, daß Skibbe eine Mannschaft aufs Feld schickt, die auch nach vorne spielen kann. Skibbe meinte, mit Salou als einziger Spitze wäre das zu schaffen. Die Taktik schien auch noch aufzugehen, denn schon in der 8. Minute ging der BvB durch Lars Ricken mit 1:0 in Führung.

Feiner Paß von Christian Nerlinger, Raphael Wicky schläft und Werder-Keeper Stefan Brasas rutscht die Pille un-ter seiner „Zweimetersoundso-viel Körperlänge“ durch. Das war es dann schon fast in der ersten Hälfte, in der Dortmund – klasse Taktik, Skibbe! – das Spiel kontrollierte, aber rein gar nichts zur Erbauung der rund 1.500 mitgereisten Borussenfans tat. Wenigstens führte die Borussia. Richtig bitter war es für die anderen 30.000 im Weserstadion. Werder brachte nämlich so gut wie nichts auf die Reihe. Kaum Druck über die Flügel, keine Impulse von einem schwachen Andi Herzog, der bereits nach einer Stunde duschen durfte. Werder-Trainer Magath warb nach der Partie bei den Zuschauern um Verständnis ob des belastenden Tanzes auf drei Hochzeiten. In der zweiten Halbzeit konnte das Spiel nur besser werden. Wurde es allerdings nur für Werder. Skibbe hatte wohl die Order ausgegeben, das 1:0 zu halten. An diese Vorgabe hielt Steffen Freund sich, zwischen dem und Skibbe es früher schon oft gekracht hat, am Freitag abend vorbildlich. Bei einem Konter zu Beginn der zweiten Hälfte suchte Freund sich die schlechteste Möglichkeit, er wollte auf Salou passen, statt selbst zu schießen, und vergab damit die 2:0 Führung. Die hätte Werder sicher nicht mehr aufgeholt, auch wenn die Langeweile der ersten Hälfte noch übertroffen worden wäre. So entwickelte sich noch ein halbwegs munteres Spielchen, in dem Rade Bogdanovic seinen vierten Treffer für Werder erzielte.

Letztlich geht das Ergebnis in Ordnung – nur noch eine Anregung: Baut doch die Tribünen bis ans Spielfeld ran, dann sieht man viel besser, und bessere Stimmung ist auch – sogar nach einem solchen Durchschnittsspiel. Die Serien gehen doch alle mal zu Ende.

Bremenbesucher Bernd Brübach (hat seit Borussias Europapokalsieg 1966 erst zwei Spiele im Westfalienstadion verpaßt)

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