: Rare Kappenträger
Ab heute ist Fasching, und nur einer hat's gemerkt: Der Karnevalsclub „Klimperkasten“ ■ Von Eberhard Spohd
Hamburg hinkt in Sachen Karneval hinterher. Während in Mainz bereits heute, exakt um 11 Uhr 11, „Helau“-Schreie durch die Straßen schallen und sich in Köln traditionell eine Menge Menschen auf der Domplatte betrinken werden, beginnen die tollen Tage in der Hansestadt erst am Sonnabend. Dann wird die einzige Hamburger Karnevals-Gesellschaft, die „CG Klimperkasten“, im CCH ihren Eröffnungsball abhalten und Werner III., ein Taxiunternehmer, als Prinz ausgerufen werden.
Als Seine Tollität herrscht er über einen echten Traditionsverein. 125 Jahre wurde der Faschingsclub im März dieses Jahres alt. Im Jahre 1873 gründeten „Theaterjournalisten und Zeitungsschreiber“, so das Gründungsprotokoll, „nicht ganz übereinstimmend mit der Obrigkeit“ ihren Verein. Vorangegangen war eine Debatte mit dem Hamburger Senat, dem das närrische Treiben auf den Maskenbällen zu ausschweifend war.
Als ordentlicher Verein gab man sich natürlich eine Satzung, um die Freude in geregelte Bahnen zu lenken. Als Mitglieder waren nur Männer vorgesehen. Das ist immer noch so, wird aber permanent umgangen. „Laut Satzung können immer noch nur Männer Mitglied werden“, versucht der derzeitige Vorsitzende Arnold Neumann die verworrenen Strukturen zu erklären, „aber dafür werden deren Frauen automatisch Mitglieder.“
Allzuviele sind es allerdings nicht, die sich zu Sessionen, Stiftungsfesten und Weihnachtsfeiern versammeln. 112 Männern, „mit Frauen also 224 Personen“, ist es erlaubt, das Klimperkasten-Abzeichen zu tragen. Nachwuchs ist kaum in Sicht, gibt Neumann zu, der in seiner Funktion von den anderen Karnevalesen als „Uronkel“ angesprochen wird. „In unsrer heutigen Zeit, in der die Medien einen Großteil der Freizeit abdecken, ist das Interesse unter den Jugendlichen sehr gering.“
Es ist allerdings auch nicht einfach, Mitglied zu werden. Der potentielle Kappenträger muß zwei Bürgen aus dem Verein beibringen und mindestens ein Jahr lang bei der Stange bleiben, ehe er – und mit ihm seine Frau – als Mitglied akzeptiert wird. Dann aber ist dem Frohsinn keine Grenze mehr gesetzt. Wie am Sonnabend, wenn wieder büttengeredet und funkenmariet wird und das Herrenballett „Klimpgirls“ über die Bühne schwebt. Wer mitschweben will: Die Karten kosten an der Abendkasse 60 Mark.
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