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■ QuerspalteSchlaraffenland am Kattegat

Schon Shakespeare hat es geahnt: Es ist etwas faul im Staate Dänemark. Kaum war Kanzler Schröder im Amt, entsandte Kopenhagen eilig seinen höchsten politischen Repräsentanten nach Bonn. Offizieller Auftrag: Antrittsbesuch. Die wahre Mission des Poul Nyrup Rasmussen verbarg sich in vermeintlich netter Plauderei. Schröder solle mit seiner jungen Familie doch mal Urlaub in Dänemark machen, schlug der Regierungschef gut gelaunt vor, am besten gleich im nächsten Jahr. Und jovial konterte er Schröders schwache Widerrede („Das kann ich mir nicht leisten“): Um das geeignete Häuschen würde er sich höchstpersönlich kümmern, und bezahlen würde er es auch, Ehrensache.

Was so skandinavisch gastfreundlich daherkommt, ist in Wahrheit ein teuflischer Plan. Denn was Rasmussen dem Kanzler verschwieg: In Dänemark sterben die Menschen deutlich früher als in anderen nordeuropäischen Ländern. Der Grund: Keiner im hohen Norden ißt, trinkt und raucht so viel wie die Dänen. 64,7 Kilogramm Schweinefleisch ißt jeder Däne pro Jahr, steht im „Nordischen Statistischen Jahrbuch 1998“. Damit verschlingen die Dänen mehr als doppelt soviel Koteletts, Kaßler und Rippchen wie die anderen Nordeuropäer. Auch beim Verzehr von fettem Geflügel sind sie einsame Spitze, während Obst und Gemüse in der Statistik gar nicht auftauchen. Das ist nun ganz nach dem Geschmack Schröders, der die als Grünfutter verschmähte leichte Küche zugunsten einer ordentlichen Wurst jederzeit links liegenläßt. Runtergespült und weggeraucht wird die deftige Kost von 12,2 Liter Alkohol und 2,91 Kilogramm Tabak im Jahr. Lebemann und Zigarrenfreund Schröder gehört also voll zur Risikogruppe, das dürften auch die Dänen wissen. Paßt der dänischen Minderheit in Flensburg der sture Norddeutsche nicht? Oder ist es gar ein Kopenhagener Komplott gegen Rot-Grün im Wattenmeer? Schröder sollte sich von Rasmussen nicht verführen lassen und es dänen mal richtig zeigen. Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage. Kerstin Willers

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