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Tiefes Mißtrauen vor der Nachwahl von drei SenatorInnen

■ Große Koalition streitet um Reihenfolge bei der heutigen Wahl von Wolfgang Branoner (CDU), Eckart Werthebach (CDU) und Gabriele Schöttler (SPD). CDU befürchtet, daß SPD-Abgeordnete die CDU-Kandidaten durchfallen lassen

Vor der für heute geplanten Nachwahl von zwei CDU-Senatoren und einer SPD-Senatorin durch das Abgeordnetenhaus ist ein Streit um die Reihenfolge der Wahlgänge entbrannt. In der Verfahrensfrage manifestiert sich das tiefe Mißtrauen der Koalitionspartner CDU und SPD. Bei dem Streit, welcher Senator zuerst gewählt wird, treibt die CDU die Sorge um, daß die SPD-Abgeordneten womöglich einen CDU-Senator durchfallen lassen könnten.

Deshalb will die CDU ein Faustpfand behalten und pocht darauf, daß die von der SPD nominierte Arbeitssenatorin Gabriele Schöttler als letzte gewählt wird. Als erste soll Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) zur Bürgermeisterin gewählt werden, danach der designierte Innensenator Eckart Werthebach (CDU) und dann Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU). Nach der Verfassung schlägt der Regierende Bürgermeister die Senatoren vor und legt die Reihenfolge der Wahl fest, üblicherweise nach den Anfangsbuchstaben ihrer Ressorts. Um die von der CDU gewünschte Reihenfolge zu erzielen, müßte Eberhard Diepgen auf die Praxis der 50er Jahre zurückgreifen, wonach Senatoren in der Abfolge der Haushaltsziffern ihres Ressorts gewählt wurden. Damit würde Schöttler zuletzt gewählt.

Die SPD besteht dagegen auf dem bisher üblichen Verfahren, wonach der Anfangsbuchstabe des Ressorts für die Reihenfolge ausschlaggebend ist. Danach würde die SPD-Arbeitssenatorin vor den beiden CDU-Senatoren gewählt, der designierte Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner würde das Schlußlicht bilden.

Im Ältestenrat des Abgeordnetenhauses gab es um die Verfahrensfrage am Dienstag einen halbstündigen Streit. Die grüne Fraktionsvorsitzende Renate Künast wertete die Auseinandersetzung als Zeichen für die „völlige Zerrüttung der Großen Koalition“.

Unverständlich ist die Taktiererei der CDU auch deshalb, weil CDU und SPD nach dem Koalitionsausschuß am Sonntag von einer reibungslosen Nachwahl ausgegangen waren. Zudem verfügt die Große Koalition mit 141 Sitzen über eine ausgesprochen komfortable Mehrheit. Dafür sind 104 Stimmen erforderlich. Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU), lag gestern noch kein Brief des Regierenden Bürgermeisters vor, in dem die Reihenfolge der Wahlgänge festgelegt ist. Damit ist der Weg zu einem Kompromiß noch offen. Dorothee Winden

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