piwik no script img

Die UNO verdrückt sich aus Bagdad

■ Ein US-Angriff auf Ziele im Irak scheint unmittelbar bevorzustehen. Doch die Führung um Saddam Hussein gibt sich gelassen. Auch Appell von UN-Generalsekretär beeindruckt sie nicht

Berlin (taz) – Die letzten UN- Waffeninspekteure in Bagdad haben gestern ihre Sachen gepackt. Auf Anweisung aus der Zentrale der UN-Sonderkommission zur Abrüstung Iraks (Unscom) verließen gestern auch die verbliebenen 100 Spezialisten für Massenvernichtungswaffen den Irak Richtung Bahrain. Auch die für die Überwachung des irakischen Atomprogramms zuständigen Mitarbeiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) flogen in das Golfemirat. Und selbst die für die Umsetzung des humanitären Programms „Öl für Lebensmittel“ zuständigen UN-Mitarbeiter stiegen in ihre Busse und Pkws und fuhren in das benachbarte Jordanien.

Schon in den Tagen zuvor waren die meisten Unscom-Mitarbeiter aus Bagdad abgereist. Doch da lautete die Begründung: Weil die irakische Führung ihnen verbiete, ihrer Arbeit nachzugehen, sei ihre Anwesenheit überflüssig. Gestern hieß es dagegen von der UNO, die Inspekteure würden abreisen, „damit sie in Sicherheit sind“ – ein weiterer Hinweis dafür, daß ein Angriff auf den Irak bevorsteht.

Die USA rüsten ihre Streitmacht am Golf weiter auf. Gestern vermeldete der Nachrichtensender CNN, weitere 50 Kampfflugzeuge würden in die Region geschickt. Damit wären insgesamt 220 Bomber und Jäger einsatzbereit. Hinzu kommen 13 Kriegsschiffe. Laut US-Presseberichten stehen in den USA derzeit mehrere hundert Soldaten bereit, um binnen 96 Stunden in Bahrain, Kuwait oder Saudi-Arabien einsatzbereit zu sein.

UN-Generalsekretär Kofi Annan appellierte: „Ich fordere Präsident Saddam Hussein und die irakische Regierung dringend auf, ihre Entscheidung zurückzunehmen und sofort die Zusammenarbeit mit den Inspekteuren der Unscom und der IAEO wiederaufzunehmen.“ Eine solche Entscheidung wäre „gut für das irakische Volk, die Region und die Welt“.

Doch in Bagdader Führungskreisen hat man sich bereits auf einen Angriff eingestellt. „Wir müssen uns offensichtlich auf einen Militärschlag vorbereiten“, erklärte Iraks UN-Botschafter Nisar Hamdun. Und der Handelsminister pfiff einsam im Wald: „Die USA werden durch einen Luftangriff verlieren, und der Irak wird gewinnen.“ Thomas Dreger

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen