Ausländer haben „normale“ Nasen

■ Niedersächsische Ausländerbehörden stellen Pässe mit diskriminierenden Eintragungen aus / Änderungsanweisung vom Bund verschlampt / Ausländerbeauftragte sauer / Besserung gelobt

Ali Zahedi – anerkannter Asylbewerber aus Iran – fühlt sich diskriminiert. Zu Recht: In seinem neuen Paß hat das zuständige Oldenburger Ausländeramt an mehreren Stellen Eintragungen vorgenommen, die inzwischen die niedersächsische Ausländerbeauftragte auf den Plan gerufen haben. So sind Kopf- und Nasenform des Iraners in dem Dokument für Flüchtlinge und Staatenlose vermerkt. „Eine klare Diskriminierung“, schimpft Zahedi. „Im deutschen Paß steht so etwas doch auch nicht drin.“ Dazu stellt er die berechtigte Frage: Was ist eine „normale“ Nase, so der Eintrag in seinem Paß. Ein Eintrag, der vom Bundesinnenministerium bereits kassiert ist.

„Seit dem 5. Mai dieses Jahres gibt es einen entsprechenden Erlaß aus Bonn, daß nur noch Eintragungen nach Paragraph 4 Absatz 1 Paßgesetz vorgenommen werden dürfen“, kritisiert Gabriele Erpenbeck, Niedersachsens Ausländerbeauftragte. Darin sind an persönlichen Merkmalen nur noch Größe, Augenfarbe und Geschlecht vorgesehen. Zum einen wollte man damit diskriminierende Eintragungen unterbinden und zum anderen die Paßpapiere auf europäischer Ebene „harmonisieren“, hieß es gestern aus dem Bundesinnenministerium. Nur – in Oldenburg ist diese Dienstanweisung ein halbes Jahr später immer noch nicht bekannt. Statt eines Strichs bei den jeweiligen Rubriken werden immer noch „normale“ Nasen attestiert. Fast 70 Fälle hat Zahedi inzwischen dokumentiert.

Allerdings können die Oldenburger Beamten überhaupt nichts dafür, daß sie weiterhin diskriminierende Eintragungen vornehmen. Sie verstoßen nicht einmal gegen geltende Dienstanordnungen. Denn die alten Bestimmungen gelten so lange, bis sie von einer neuen abgelöst werden. Das ist aber bisher nicht geschehen, sagt Oldenburgs Sprecher Jürgen Krogmann.

Das stimmt. Hängengeblieben ist die Anordnung beim Innenministerium in Hannover, räumt Herbert Jelit ein, Referent im Amt für Ausländer- und Asylrecht. Erst nachdem die Ausländerbeauftragte Erpenbeck auf Nachfrage der taz Dampf im Innenministerium gemacht hat, wurde das Versäumnis entdeckt. „Ich habe das Blatt inzwischen gefunden“, sagt Jelit. So schnell wie möglich soll jetzt eine Anweisung an alle Regierungsbezirke ergehen, damit keine normalen oder knollenartigen oder sonstwie beschriebenen Nasen mehr attestiert werden.

Zahedi fordert darum jetzt einen neuen Paß. Zumal ihn an dem neuen-alten noch eine Eintragung ärgert. Bei seinem Geburtsdatum sind nur Nullen vermerkt. Das ist bundesweit die übliche Vorgehensweise, wenn das Geburtsdatum durch den Flüchtling nicht urkundlich nachgewiesen werden kann, heißt es unisono aus Oldenburg, Hannover und Bonn. Doch auch das hält Zahedi für diskriminierend. Obendrein beschwert er sich, weil dem Oldenburger Ausländeramt angeblich eine Geburtsurkunde vorliegt. „Davon habe ich eine Kopie bei meinem Asylantrag mit eingereicht. Zu diesem Vorwurf darf sich die Behörde in Oldenburg nicht äußern. „Das fällt unter den Datenschutz“, sagt Krogmann.

Auf einen neuen Paß ohne diskriminierende Eintragungen kann Ali Zahedi trotzdem lange warten. Da sein aktuelles Dokument nach gültigem Dienstrecht ausgestellt wurde, müßte er für einen neuen Paß 50 Mark Gebühr auf den Tisch legen – genau wie alle anderen Flüchtlinge in Niedersachsen, denen man seit dem 5. Mai „normale“ Nasen bescheinigt hat.

Jens Tittmann