: Just-in-time in der Hemelinger Marsch
■ Mercedes-Zulieferer legt ersten Grundstein im neuen Gewerbegebiet / Bisher sind von 50 Hektar zehn vergeben
Ein paar Stahlträger auf einem Modder-Feld markieren das Ende eines fast unendlichen Bremer Streits zwischen Wirtschaftslobby und Umweltfreunden: Am Freitag setzte Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) gemeinsam mit Klaus Jünger, Chef der Hayes Lemmerz Holding, den ersten offiziellen Grundstein im neuen Gewerbegebiet Hansalinie in der Hemelinger Marsch. Jüngers Firma wird von hier aus das Bremer Mercedes-Werk „just-in-time“ mit Kompletträdern beliefern.
Bis zum Februar will der Bauherr und Investor Rolf Franzen aus Kottenheim eine 4.000 Quadratmeter große Montagehalle in den ehemaligen Marschwiesen fertig haben. Insgesamt werden 12 Millionen Mark investiert. Vom ersten Mai an müssen seine Mieter von der amerikanischen Gesellschaft Hayes Lemmerz die Räder an die Mercedes-Bänder schaffen. Rund 30 Mitarbeiter hat der nach eigenen Angaben weltweit führende Hersteller von Rädern und Felgen bereits angeheuert. Was recht einfach klingt, ist laut Klaus Jünger ein hochkomplexes Metier. Denn die Mercedes-Räder – geplant sind 4.400 pro Tag – werden in der Marsch komplett montiert und kurzfristig genau in der Reihenfolge, in der unterschiedliche Typen und Modelle über die Sebaldsbrücker Mercedes-Bänder laufen, angeliefert. Dafür sei es notwendig, nahe am Werk zu sein, begründet Jünger seine Standort-Wahl. Kürzlich war die Eldra, ein anderer Mercedes-Zulieferer, mit einem 22 Millionen-Mark-Investment nach Achim gegangen.
Von den 50 Hektar Gesamtfläche des Gewerbegebiets, über dessen Genehmigung 1995 die Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen zerbrochen war, sind nach Angaben der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) bisher 5,4 Hektar an sieben Unternehmen vergeben. Weitere 3,8 Hektar sind für sechs andere Betriebe reserviert. Neben Hayes Lemmerz kommt eine weitere Firma mit 34 Arbeitsplätzen neu nach Bremen. Insgesamt werden laut WfG 107 neue Jobs geschaffen, 102 durch Verlagerungen von Firmen aus dem Stadtgebiet gesichert.
Dem Vernehmen nach bezahlen sie pro Quadratmeter rund 100 Mark, solange die direkte Zufahrt zur Autobahn noch nicht fertig ist, gibt es einen Abschlag. Die 50 Hektar Gewerbefläche kosten Bremen insgesamt rund 175 Millionen Mark (350 Mark pro Quadratmeter). Davon entfallen 25 Millionen Mark auf den Kauf des Grundstücks, 20 auf die Sanierung der Altlasten, 50 auf den Autobahnanschluß. Von einem früher geplanten Umwelt-Technologie-Park ist man weit entfernt. Kritiker bemängeln, beim Branchenmix werde zu wenig Wert auf hochwertiges Gewerbe gelegt. Joachim Fahrun
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