Klimagipfel produziert heiße Luft. Trittin zufrieden

■ Konferenz in Buenos Aires beschließt statt klarer Klimaschutzaktionen einen neuen Katalog mit 138 Fragen. Bundesumweltminister Jürgen Trittin nennt es „einen Erfolg“, daß bis Ende des Jahres 2000 die notwendigen Entscheidungen getroffen werden sollen

Berlin (taz) – Wenigstens einer ist zufrieden mit dem Ergebnis des Klimagipfels in Buenos Aires: der grüne Bundesumweltminister Jürgen Trittin. Über den Aktionsplan, den die Delegierten aus 161 Staaten am Samstag verabschiedeten, sagte er: „Man kann das als einen Erfolg bezeichnen.“ Bis Ende 2000 würden alle wichtigen Entscheidungen zur Umsetzung des Klimaprotokolls von Kioto getroffen.

Der „Erfolg“ besteht darin, daß in Buenos Aires die Staatengemeinschaft eine Liste von 138 Fragen aufgestellt hat. Fragen, die eigentlich schon vor dem Klimagipfel abgearbeitet werden sollten, damit konkrete Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen beschlossen werden können.

Bis zum Jahr 2000 soll nun vor allem geklärt werden, wie die Industrieländer ihre Klimaschutz-Verpflichtungen durch Maßnahmen außerhalb ihres Landes – vor allem in den Entwicklungsländern – erfüllen können. Dazu gehört die Frage, um wieviel im eigenen Land die Emissionen vermindert werden müssen und wie viele der Klimaschutzmaßnahmen ins Ausland ausgelagert werden können.

Auch der Handel mit „heißer Luft“ soll ermöglicht werden. Unter „heißer Luft“ verstehen die Klimaexperten die Reduzierung der Treibhausgasemissionen, die nicht durch Klimaschutz, sondern durch den Zusammenbruch von Industrien im ehemaligen Ostblock zustande gekommen ist. Insbesondere Rußland und die Ukraine möchten Emissionsrechte in Höhe des eingesparten Ausstoßes verkaufen. Die USA setzen darauf, dann diese Verschmutzungsrechte zu kaufen und dadurch ihrerseits ihre Reduktionsverpflichtungen zu erfüllen, ohne wirklich weniger Treibhausgase produzieren zu müssen. Alle anderen Maßnahmen blockieren die USA, solange die Entwicklungsländer nicht ihrerseits Emissionen reduzieren.

„Wir hatten die Verabschiedung einiger grundlegender Prinzipien für den Handel mit Emissionen erwartet“, sagte Dörte Bernhardt von der Umweltorganisation Germanwatch. Der Gipfel von Buenos Aires ist nicht über das hinaus gekommen, was vergangenes Jahr auf dem Kioto-Gipfel beschlossen wurde. Dort hatten sich die Industriestaaten verpflichtet, ihren Ausstoß von Treibhausgasen bis 2012 um 5,2 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu verringern. Die Details, wie dies erreicht werden könnte, wurden damals ausgespart. Sie sind auch heute noch unklar. Sogar der „Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen“ sieht in dem Aktionsplan von Buenos Aires nur einen „mageren Fortschritt für den Klimaschutz“.

„In Buenos Aires wurde der Stillstand festgeschrieben“, urteilte der Klimaexperte des WWF, Stephan Singer, nach Abschluß des Gipfels. „Stillstand ist Rückschritt“, hatte vor einem Jahr die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Michaele Hustedt, gemahnt. Ihr Parteigenosse Trittin scheint Stillstand schon für einen Fortschritt zu halten. lieb

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