: Beschuß aus dem All
Mit ein bißchen Glück können HamburgerInnen in der Nacht vom 17. auf den 18. November tausend Sternschnuppen sehen ■ Von Christine Holch
Normalerweise schießen die Menschen was in den Himmel. Jetzt schießt der Himmel zurück. In der Nacht vom 17. auf den 18. November werden abertausend Meteoriten auf die Erde niederprasseln. Während Normalbürger sich auf die Sternschnuppen freuen können, ist den Versicherungsgesellschaften bang: Wie sollen die rund 500 Satelliten, die um die Erde kreisen, diesen Ansturm überstehen?
Zwar sind die Meteoriten winzig, doch bei einer Geschwindigkeit von 70 Metern pro Sekunde haben sie eine ziemliche Aufprallwucht. Hektisch wird nun vorgesorgt: Das Teleskop Hubble dreht den Geschossen schon jetzt seine unempfindlichere Seite zu, und einige Satelliten legen die Sonnensegel an. Möglicherweise werden dennoch Fernsehempfang oder Telefonverbindungen gestört.
Was da als Sternschnuppe an unserem Erdenhimmel endet, so weiß der Hamburger Astronom Rahlf Hansen, war mal ein Komet. Und einen Kometen muß man sich als „schmutzigen Schneeball“ vorstellen, als einen Klumpen aus Eis, Staub und größeren Brocken. Kometen wie etwa Hale Bopp, der im vergangenen Jahr die Gemüter erregte, bewegen sich meist in sehr großer Entfernung um die Sonne. Gelegentlich aber kommen sie ihr nahe, dann schmilzt ein Stück des Kometen ab, Staub und Dreck werden frei, bleiben hinter dem Kometen zurück und verteilen sich allmählich auf seiner Laufbahn. „Das müssen Sie sich wie einen Lkw vorstellen, der ständig Dreck verliert“, sagt Hansen.
Auch die Erde hat eine eigene Straße im Sonnensystem. Manchmal kreuzt die eine der verschmutzten Kometenstraßen. Dann regnet es Sternschnuppen. Eine Sternschnuppe ist maximal ein Gramm schwer, also winzig. Wenn sie aber in 100 Kilometern Höhe in unsere Lufthülle rast, verglüht sie.
Am 17. November nun fliegt die Erde durch die verschmutzte Bahn des Kometen Tempel-Tuttle. Das tut sie zwar jedes Jahr, aber diesmal soll der Komet in der Nähe sein, die Konzentration der Trümmer wird also viel größer sein als sonst. Das letzte Mal war das 1966 so. Der Komet braucht nämlich 33 Jahre, bis er einmal um die Sonne herum ist. Während an normalen Tagen gerade mal drei Sternschnuppen pro Stunde niedergehen, waren es 1966 Stücker 100.000 – also dreißig in der Sekunde.
Ein Spektakel also. Doch allzu große Hoffnungen dürfen sich die Hamburger nicht machen. Es gibt Unwägbarkeiten. Denn die Astronomen sind sich gar nicht so sicher, ob der Komet dieses oder erst nächstes Jahr vorbeikommt. Und das Allerschlimmste: Selbst wenn er kommt, werden die Deutschen nur einen Bruchteil der Schnuppen sehen können.
Denn diese Sternschnuppen kommen aus dem Sternbild des Löwen geflogen, weswegen sie Leoniden heißen. Das Sternbild des Löwen geht dieses Jahr erst nach Mitternacht auf, die Schnuppen werden aber bereits ab 21 Uhr erwartet. Nur in Ostasien steht um diese Zeit der Löwe hoch genug. Astrofreaks müssen also in die Mongolei fahren.
Aber auch für die HamburgerInnen gibt es Hoffnung. Ist der Himmel klar, so können sie etwa ein Prozent aller niedergehende Leoniden entdecken. Das hört sich nach wenig an, wären aber immerhin 1000 Schnuppen – im Vergleich zu den üblichen drei. Rahlf Hansen empfiehlt, etwa um 22 Uhr ins Freie zu gehen, beispielsweise in einen dunklen Park wie den Stadtpark, wo es beim Planetarium eine Schneise gibt. Den Augen eine Viertelstunde Zeit für die Anpassung an die Dunkelheit geben, gen Osten gucken – und Wünsche bereithalten. Der Astronom selbst wünscht sich nichts mehr, wenn er eine Sternschnuppe sieht – „irgendwann gehen einem die Wünsche aus“.
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