piwik no script img

KommentarBlaßgelbe Karte

■ Warum die EU die Ausbaggerung der Elbe verzögern kann, aber nicht verhindern wird

Kein Grund zur Sorge, kein Anlaß zur Freude. Es wird weitergebaggert werden. Ein böser Brief aus Brüssel wird die Elbvertiefung höchstens etwas verzögern, aber nicht verhindern.

Natürlich – welch seltsames Wort in diesem Zusammenhang – ist die bereits begonnene „Fahrrinnenanpassung“ – welch unfreiwillig ehrliches Wort: Ein Stück Ökologie wird für die vermeintlichen ökonomischen Anforderungen passend gemacht – illegal. Das wissen alle Beteiligten, egal auf welcher Seite des Flusses sie stehen.

Es gehört zum üblichen Politikrepertoire, durch „vorauseilende Tatsachen“ – noch ein bemerkenswertes Wort in diesem Zusammenhang, erfunden von Altbürgermeister Henning Voscherau – die Realität zu manipulieren und im Zweifel auch mal Recht zu beugen. Die normative Kraft des Faktischen besiegt, so der erste Glaubenssatz der Technokratie, alle Widerstände. Die Geschichte belehrt sie keines Besseren.

Das könnte nur die Zukunft. Eine blaßgelbe Karte von der EU wegen der Nichtbeachtung von Umweltrecht kann zu einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof führen. Nur wenn dieser in einem Grundsatzurteil festschriebe, daß ökologisch bedenkliche Maßnahmen erst nach Abschluß sämtlicher Umweltverträglichkeitsprüfungen – das allermerkwürdigste Wort: Was könnte an einer Autobahn zum Beispiel umweltverträglich sein? – begonnen werden dürfen, wäre wirklich etwas gewonnen.

Aber bis dahin fließt noch viel Wasser die tiefergelegte Elbe rauf und runter.

Sven-Michael Veit

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen