Ökosteuer kommt als Light-Version

Der Gesetzentwurf sieht Ausnahmeregelungen für 27 Branchen und für Nachtspeicherheizungen vor. Insgesamt werden 40 Prozent der in der Industrie verbrauchten Energie von der Steuer ausgenommen  ■ Von Matthias Urbach

Berlin (taz) – Die Ausnahmen für die Ökosteuer waren gerade festgelegt, da meldete sich noch ein Nachzügler. Auch das Transportgewerbe sei ein „energieintensiver Bereich“, ließ sich gestern der Bundesverband Güterkraftverkehr vernehmen und bat um „einstweilige Befreiung“. Für ihn ist der Laster abgefahren, andere sind rechtzeitig aufgesprungen.

Der Gesetzentwurf, der heute an die Fraktionen geht und der taz vorliegt, sieht eine Befreiung von der Ökosteuer für alle Branchen vor, deren Energiekosten im Schnitt mehr als 6,4 Prozent der Produktionskosten ausmachen. So lautet der Kompromiß nach zähen Verhandlungen zwischen SPD und Grünen. Damit werden 40 Prozent der vom produzierenden Gewerbe verbrauchten Energie von der Steuer ausgenommen.

Die übrigen 60 Prozent werden besteuert, allerdings mit dem ermäßigten Satz von 25 Prozent der Ökosteuer. Auch für private Stromkunden, die eine Nachtspeicherheizung besitzen, ist eine Ermäßigung vorgesehen: Sie sollen für den Nachtstrom nur einen Pfennig pro Kilowattstunde zahlen. Wer künftig eine Stromheizung neu einbaut, muß aber den vollen Satz zahlen. Alle anderen Verbraucher, auch Dienstleistungsfirmen, zahlen künftig die volle Ökosteuer von zwei Pfennig pro Kilowattstunde Strom, 0,32 Pfennig pro Kilowattstunde Gas, vier Pfennig pro Liter Heizöl und sechs Pfennig pro Liter Sprit.

Zu den 27 befreiten Industriebranchen gehören fast ausschließlich Firmen, die Rohstoffe fördern (wie Kohle, Kalk, Kies, Ton, Salz und Düngermineralien) oder Industriegrundstoffe herstellen – wie Stärke, Papier, Chemikalien, Dünger, Kunstfasern, Keramik, Zement, Stahl und Aluminium.

Nicht durchsetzen konnten sich die Grünen mit ihrem Ansinnen, das Erdgas, das zur Stromerzeugung verbrannt wird, von der Mineralölsteuer zu befreien. Dies hätte Gaskraftwerke, die von den konventionellen Energien noch die umweltfreundlichsten sind, konkurrenzfähig gemacht mit bereits abgeschriebenen Atommeilern. So wäre es leichter geworden in den kommenden Energiekonsensverhandlungen, mögliche Entschädigungsforderungen der Stromkonzerne beim Atomausstieg abzuwenden.

Unklar ist, ob eine Befreiung für Windräder, Wasserkraft-, Solar- und Biogasanlagen von der Stromsteuer mit EU-Recht vereinbar ist. Bis zur Klärung soll ein Förderprogramm aufgelegt werden, das diese Steuereinnahmen direkt wieder in die erneuerbaren Energien steckt.

Die Ökosteuer soll 11,3 Milliarden Mark einbringen, davon 4,2 aus der Stromsteuer und 3,9 Milliarden aus der Spritsteuer. Reinhard Loske, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion sprach von einem „vertretbaren Anfang“, der den Grundstein für ein langfristiges Reformprojekt „langfristig und unwiderruflich“ lege. Auch Wirtschaftsminister Werner Müller gab sich zufrieden mit der ausgehandelten Ermäßigung für die Industrie.