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Handelsweisen Von Carola Rönneburg

Verbraucherzeitschriften haben ihn ja längst entdeckt: den kritischen Konsumenten. Was aber macht der kritische Konsument? Schreibt er scharf formulierte Briefe an seinen Stromversorger und weist ihm lückenlos eine ungeheure Behumpserei nach, so daß der Stromversorger zitternd nachgibt und schnell die Tarife senkt?

Eher nicht. Der kritische Konsument tobt sich im unmittelbaren Umfeld aus; d. h. er reklamiert fehlerhafte Ware oder bemängelt die Preisgestaltung unter Hinweis auf ein Konkurrenzunternehmen, beides womöglich lautstark. Und das ist doch was, dieser Schritt in die Öffentlichkeit, der sich so („Dieses unverschämt teure Thermometer zeigt immer neun Grad!“) oder so („Ihr Kollege im benachbarten Stadtteil würde nicht einmal daran DENKEN, diesen Wein für 15 Mark anzubieten“) anhören kann.

Ich wäre froh, wenn ich so kritisch wäre – ich bezwinge nicht einmal meinen Metzger.

Mein Metzger ist ein guter türkischer Metzger, und auf die Qualität seiner Ware ist Verlaß. Auch seine Preise stimmen, weshalb ich also gern und oft bei ihm einkaufe. Allerdings ist mein Metzger auch ein Verkaufstalent und begreift seine Arbeit als sportliche Herausforderung. Es ist sogar gut möglich, daß er einen Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde anstrebt: als der Metzger, der mir die größten Lammkeulen der Welt verkauft hat. Will ich zum Beispiel etwas Lammkeule kaufen, ausreichend für zwei Personen und zwei Tage, hievt er mir stets eine Wochenration für eine zwölfköpfige Familie auf die Waage. Nein, sage ich dann jedes Mal und konsumentinnenkritisch, das sei mir zuviel. Dann deute ich auf ein passendes Stück in seiner Vitrine, aber der Metzger verfehlt das immer wieder und präsentiert mir statt dessen erneut eine Ration, mit der ich die Fußballnationalmannschaft spielunfähig füttern könnte, aber das will ich ja gar nicht. Ich will dieses kleine Stück da vorn – der Metzger greift breit lächelnd nach einem weiteren Schwergewicht. Beim letzten Mal schalteten sich mitleidige Mitkundinnen ein und erklärten dem Metzger in seiner Muttersprache, was ich wünschte. Das war sehr freundlich, aber natürlich nutzlos, denn der Metzger versteht mich sehr gut. Er will halt nur sehr viele halbe Tiere verkaufen.

Geschick im Handeln ist also gefragt, oder aber Fügung ins Schicksal: Im Orient, erinnere ich mich, machte ich einst großen Eindruck auf meinen Reisebegleiter, weil ich stur ein bücherstützendes Pavianpärchen, das mir zu teuer erschien, auf ein Drittel des ursprünglichen Preises herunterhandelte. Mein Stolz auf das mir angeborene Feilschtalent hielt an, bis mir die beiden Figuren nur zwei Tage später von einem anderen Händler angeboten wurden – natürlich zu einem Preis, der schon jetzt weit unter dem Äffchentarif lag, den ich bezahlt hatte.

Seither weiß ich, daß ich mich mit den Profis nicht messen kann und auch nicht mehr will. Und seit ich mich ein einziges Mal gegen meinen Metzger durchsetzen konnte und wirklich das handliche Stück Lammkeule erwarb, sich ausgerechnet dieses dann aber als zäh erwies, mache ich es so wie die Grünen und verzichte auf Streitereien. Ein großer Brocken? Gut, ich nehme ihn – aber ich kann mir ja auch meine Fußballmannschaft selbst zusammenstellen. Und das ist doch auch was.

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