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■ Die Anderen"Handelsblatt" zum dt.-frz. Treffen / "Bremer Nachrichten" zu Schily / "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zur Festnahme Öcalans

Das „Handelsblatt“ analysiert das deutsch-französische Treffen: Lafontaines Plädoyer für eine wachstumsorientierte Euro-Geldpolitik und für eine politische Außenvertretung von Euro-Land bedeutet einen klaren Kurswechsel in der deutsch-französischen Zusammenarbeit. Lafontaine hat sich damit weitgehend Pariser Forderungen zu eigen gemacht, die unter Waigel noch tabu waren. Eine Annäherung zwischen Paris und Bonn ist um so wahrscheinlicher, als Lafontaine und Strauss-Kahn ähnliche Überzeugungen teilen. Allerdings wäre es falsch, deshalb schwarzzumalen. Lafontaine hat bereits Kreide gefressen und seine zinspolitischen Forderungen deutlich zurückgenommen. Und Strauss-Kahn ist nicht der Staatsinterventionist, als der er gern dargestellt wird. Manches deutet darauf hin, daß er Lafontaines Eifer gebremst hat.

Die „Bremer Nachrichten“ beschäftigen sich mit Schilys Aussage zur Zuwanderung: Auch ein ganz anderes Szenario wäre vorstellbar gewesen. Schily hätte zu Beginn seiner Amtszeit als Minister auf verschiedene Studien des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung verweisen können, die die Rechnung präsentieren, daß Zuwanderung Deutschland unterm Strich ökonomisch mehr Nutzen als Lasten bringt. Er hätte auch angesichts der Tatsache, daß 1997 mehr Ausländer die Bundesrepublik verließen als einwanderten und die deutsche Bevölkerung schrumpft, die Bundesbürger weitblickend darauf vorbereiten können, daß früher oder später Zuwanderung notwendig werden wird. Vor allem hätte Schily ein Zeichen setzen können, das einen klaren Regierungswechsel symbolisiert. Er hätte Worte finden sollen, die für ein tolerantes Zusammenleben zwischen Ausländern und Deutschen werben, statt solche zu benutzen, die es belasten.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ zur Festnahme des PKK-Führers Öcalan: Die Türkei wird des Glücksfalls nicht recht froh, den die überraschende Festsetzung von Abdullah Öcalan, dem Führer der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), in Rom für sie zunächst bedeutete. Falls man Öcalan in Italien Asyl gewährte, würde der Graben zwischen der Türkei und den Europäern jedenfalls noch tiefer, als er ohnehin schon ist. Doch betroffen ist auch Deutschland, schon weil hier nahezu 400.000 Kurden aus der Türkei leben. Zudem wurden Befehlsempfängern von Öcalan in der Bundesrepublik schwere Vergehen und Verbrechen vorgeworfen. Als Öcalan noch Herr der Lage war, konnte er seine Anhänger von einem Tag auf den anderen von der Militanz zum Wohlverhalten bewegen. Das ließ viele glauben, Bonn habe insgeheim mit ihm „gehandelt“. Milde Urteile gegen Kurden schienen schon damals deutlich zu machen, daß auch und nicht zuletzt Politik mit im Spiel ist.

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