: Zellteilung bei Hoechst
Die Hoechst AG spaltet ihren Chemiebereich ab und wird zum „Life Siences“-Konzern mit Pharma- und Ernährungsbereich. Einbruch beim Umsatz durch die Asien- und die Rußlandkrise ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt
Frankfurt (taz) – Jetzt ist der alte Farbwerker endgültig Historie. Hoechst teilt sich: einerseits in das „Life Siences“-Geschäft unter dem Dach der Hoechst AG, andererseits in das Industriegeschäft, das unter dem Namen „Celanese“ firmieren wird. Hoechst trennt sich also komplett von allen Geschäftsfeldern, die nichts mit Pharma, Pflanzenschutz oder Tiergesundheit zu tun haben – wenn Aufsichtsrat und Hauptversammlung wie erwartet zustimmen.
Das neue börsennotierte Industrieunternehmen Celanese AG mit Sitz in Frankfurt und New York besteht aus den „alten“ Töchtern von Hoechst, Celanese (Chemikalien) und Ticona (Technische Kunststoffe). Hoechst bleibt weiterhin die Holding über den Bereichen Pharma, Ernährung und Agrarchemie, die von Hoechst Marion Roussel, Agr Evo und Hoechst Roussel Vet abgedeckt werden. Mit diesem „Knaller“, so ein Analyst, eröffnete der Vorstandsvorsitzende der Holding, Jürgen Dormann, gestern in Frankfurt die traditionelle Herbstpressekonferenz des Konzerns. Und Dormann frohlockte: „Das ist eine innovative, in Deutschland in dieser Größenordnung noch nie vollzogene Transaktion.“
Der Boss hat es eilig. Schon im Januar 1999 sollen die Aktionäre auf einer Hauptversammlung die Dormannsche Zellteilung rückwirkend zum 1. November 1998 bestätigen. Daß die Anteilseigner zustimmen werden, gilt als sicher. Der größte Aktionär von Hoechst ist übrigens der Staat Kuwait. Wer zehn Aktien von Hoechst hält, bekommt eine von Celanese. Und zur Freude der Aktionäre wird die Scheidung steuerfrei über die Bühne gehen; Hoechst dagegen wird rund 100 Millionen Mark an den Fiskus überweisen müssen. „Das ist vergleichsweise wenig für eine Transaktion dieser Größenordnung“, erklärte Finanzvorstand Klaus Jürgen Schmieder.
Zufrieden sind auch die Analysten. Jedenfalls die der Deutschen Bank, die selbst ein gewichtiges Aktienpaket von Hoechst hält: „Eine rundweg positive Beurteilung“ kommt von ihnen. Der Aktienkurs zog denn auch zeitweise um knapp sieben Prozent an. Der große alte Konzern mit der Chemie erwirtschaftete zuletzt – in den ersten drei Quartalen 1998 – bei einem Umsatz von 2,4 Milliarden Mark nur noch einen Gewinn von 191 Millionen Mark; im Vergleich zum Vorjahr ging der Gewinn um 77 Prozent zurück. Das Geschäft habe vor allem unter den Krisen in Asien und Rußland gelitten, hieß es.
Hoechst also jetzt eine Braut ohne lästigen „chemischen“ Anhang, der ohnehin nur „Alimente“ kostete? Gerüchte über eine bevorstehende Fusion zwischen Hoechst und dem französischen Pharmakonzern Rhone-Poulenc wollte Dormann gestern weder bestätigen noch dementieren. Laut Zeitungsberichten sollte die Fusion mit einem Marktwert von etwa 73 Milliarden Mark in dieser Woche perfekt gemacht werden.
Die neue Celanese AG unter Führung von Claudio Sonder, der wie Ernst Schadow schon dem Vorstand der Hoechst AG angehörte, könne sich laut Sonder mit der Konzentration auf das chemische Kerngeschäft „sicher am Weltmarkt behaupten“. In diversen Segmenten sei Celanese schon heute Weltmarktführer. Die erste Maßnahme der neuen Crew: die Einführung leistungsbezogener Gehälter für das Management.
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