piwik no script img

Krieg in der „Schutzzone“

■ Im Südlibanon detonieren Raketen und Bomben. Israelis klauen tonnenweise Erde

Berlin (taz) – Rami Abu Seid hatte Glück im Unglück. Als am vergangenen Freitag eine israelische Rakete im Süden Libanons nördlich der von Israel besetzten „Sicherheitszone“ einschlug, wurde der 15jährige Libanese „nur“ verletzt. Bei ähnlichen Vorfällen starben im Lauf des Jahres im Südlibanon 21 Zivilisten, 65 wurden verletzt. Hinzu kommen 12 getötete israelische Soldaten, 31 Mitglieder der mit Israel verbündeten Südlibanesische Armee sowie 28 Kämpfer der libanesischen Schiitentruppe Hisbullah.

Während die Welt auf die Umsetzung des Wye-Abkommens im Westjordanland starrt, ist nördlich von Israels Grenze zum Libanon wieder einmal Krieg. Vergangene Woche bombardierte die israelische Luftwaffe fast täglich den Süden das Nachbarlandes. Die Ziele waren nach israelischen Angaben Einrichtungen der Hisbullah.

Die schlug am Montag zurück. Um 11.30 Uhr explodierte in der „Sicherheitszone“ eine Bombe, just als eine israelische Streife vorbeifuhr. Drei Soldaten wurden zerfetzt, vier verwundet. Es sei notwendig, „jeden Stein umzudrehen“, um herauszufinden, wie die Guerilla den Sprengsatz nur 35 Meter von einem israelischen Kontrollposten legen konnte, erklärte der Chef der israelischen Nordtruppen, Generalmajor Gabi Aschkenasi. Präsident Weizman meinte: „Ich kann die nervösen Eltern verstehen, deren Söhne im Norden ihren Dienst tun. Aber wir müssen uns schützen.“

15 Jahre nach dem Libanonfeldzug sieht das die Mehrheit der Israelis anders. Bei einer Untersuchung der Bar-Ilan-Unvesität meinten 93 Prozent von 1.100 befragten Israelis, der Abzug aus dem Südlibanon gehöre ganz oben auf die Tagesordnung. Angesichts der eigenen Verluste trifft dieser Gedanke auch beim Militär auf Sympathie. Es sei längst nicht mehr die Frage des „Ob“, sondern des „Wann“, heißt es dort. Doch zuvor wollen die Besatzer noch einmal profitieren. In den letzten Wochen beobachteten UN-Mitarbeiter israelische LKWs, die die fruchtbare Erde aus dem Süden Libanons zu Bauern in Nordisrael transportierten. Die UN schätzt, daß 75.000 Kubikmeter Erde geklaut wurden. Die libanesische Regierung spricht von „fußballfeldgroßen“ Löchern. Zuerst hieß es aus Jerusalem, das ganze sei eine libanesische „Propagandaklamotte“. Doch schließlich räumte das Außenministerium den Diebstahl ein. Die Aktion verstoße „gegen israelisches und internationales Recht“ und sei gestoppt worden. Thomas Dreger

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen