: Die Bösen Mädchen sind richtig sauer
■ Multikulti-Band kann nicht zu Erich-Fried-Feier nach Wien, weil niemand Reisekosten übernimmt
22 Auftritte liegen hinter der im Februar gegründeten Multikulti- Band aus 14 Mädchen zwischen 11 und 23 Jahren. Ob Konzerte zum 1.Mai, gegen Rassismus, für Ausbildungsplätze und zum Gedenken an die Pogromnacht – überall werden sie begeistert gefeiert. Nun sollte die Band am Samstag abend in der Wiener Markthalle spielen, zur Abschlußveranstaltung der Feierlichkeiten zum zehnten Todestag des in Wien geborenen jüdischen Schriftstellers Erich Fried. Seit gestern gedenken dort Hunderte von internationalen Gästen einem der politischsten Dichter der deutschen Nachkriegsliteratur, der sich unter anderem gegen den Vietnamkrieg und die Formen der Terrorismusbekämpfung in der Bundesrepublik engagierte und deshalb zum Teil angefeindet wurde.
Nachdem Die Bösen Mädchen extra sieben Fried-Stücke vertont und ein Demo-Band an die Veranstalter geschickt hatten, erhielten sie prompt eine Einladung. Die Übernachtungskosten wollten die Organisatoren – die österreichische Nationalbibliothek und das Literaturarchiv – übernehmen. Weil der Bus eines Jugendvereins, den die Mädchen gelegentlich für Auftritte mieten, in der Werkstatt ist, mußten aber 2.000 Mark Reisekosten aufgetrieben werden. Projektleiter Justus Blumenstein setzte Himmel und Hölle in Bewegung – ohne Erfolg. „Kein Geld“, hieß es bei der Bahn AG, Fluglinien und Stiftungen. Während die Senatskulturverwaltung und Kulturvereine auf die Finanzierung von „Hochkultur“ verwiesen, machten die Grünen in Bonn die Haushaltssperre verantwortlich. Selbst die Heinrich-Böll-Stiftung winkte ab. „Gerade von der Böll- Stiftung werden solche jugendpolitischen Projekte immer gefordert“, kritisiert Blumenstein. Wenn sich jetzt noch jemand spendabel zeigen würde, könnten zumindest einige der Mädchen nach Wien fahren. Nicht alle, denn einige haben einen türkischen Paß und bräuchten ein Visum. wahn
Kontakt: Tel.: 3239882
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen