■ Vorlauf: Die Legende Alan Vega
„Wo spielt die Musik?“, 23.20 Uhr, 3 sat
„Als Legende bezeichnet zu werden bedeutet, du gehörst zum alten Eisen oder du bist schon tot.“ Ein wahrer Satz, den Alan Vega da sagt. Trotzdem fällt in dem Film, den der französische Filmemacher Hugues Peyret über Alan Vega gedreht hat, der Begriff Legende auffällig oft.
Was erst einmal nicht erstaunt: Hat doch der New Yorker 1977 als die eine Hälfte der Band Suicide eines der wichtigsten Alben der Siebziger und Achtziger veröffentlicht: Ein Rock-'n'-Roll-Album auf der Grundlage elektronischer Sounds, das vielen späteren Pop-Generationen als Blaupause dienen sollte.
Ohne auf ein solches Vermächtnis einzugehen, hakt Peyret die Musik-Biographie Vegas im Schnelldurchlauf ab: Drei weitere Suicide-Alben, zahlreiche Soloplatten, die Single „Jukebox Babe“, die seinen Ruhm in Frankreich begründete. Peyret filmt Vega lieber ausgiebig beim Knöpfchendrehen, beim Empfangen von Presseleuten zu halbstündigen Interviews oder bei einem Treffen mit dem französischen Chansonsänger Christophe.
Das mag aufschlußreich sein für Leute, die etwas vom Alltag von Popstars hinter den Kulissen erfahren wollen, plätschert aber uninspiriert und belanglos vor sich hin. Warum Alan Vega nun eigentlich eine Legende ist, warum er mit Beckett und Dostojewski verglichen wird, wie es zwei französische Rockkritiker tun, warum Libération genauso viel Artikel über ihn wie über die Stones veröffentlicht hat: All das erschließt sich nicht. Nichts davon, daß Vega auch auf seinen neuen Platten Comicstrip-artig die billigsten amerikanischen Träume mit derben Untergangsphantasien kurzschließt und viele seiner Songs für explizit politisch hält; und auch nichts über das spezielle Verhältnis der Franzosen zu ihm.
Gucken sollte man den Film trotzdem: einfach um danach Vega-Platten zu hören und zu merken, daß er vielleicht wirklich „the sound of our collective future and past“ macht, wie Henry Rollins das mal gesagt hat. Gerrit Bartels
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