: Bundestag stimmt Nato-Truppe zu
Die internationalen Beobachter im Kosovo erhalten militärischen Schutz. Die Truppe soll in Mazedonien stationiert werden und darf nur im Notfall eingreifen ■ Aus Bonn Bettina Gaus
Mit großer Mehrheit hat der Bundestag gestern der Beteiligung von bis zu 250 Soldaten der Bundeswehr an der Nato-Schutztruppe für die 2.000 OSZE-Beobachter im Kosovo zugestimmt. In der Debatte hatte sich nur die PDS gegen den Antrag der rot-grünen Bundesregierung ausgesprochen. Ungeachtet des hohen Grades an Übereinstimmung in dieser Einzelfrage wurden jedoch in der Aussprache grundsätzliche Unterschiede in der Bewertung der Situation deutlich.
Redner von SPD und Bündnisgrünen betonten den Bedeutungszuwachs der OSZE durch das Holbrooke-Abkommen. Christoph Zöpel (SPD) nannte es eine „historisch einmalige Vereinbarung“, daß Kräfte der OSZE eingesetzt würden, um einen Konflikt einzudämmen. Diese Mission sei der erste Schritt, um „zu einer europäischen Zivilgesellschaft zu kommen“.
Dagegen warnte Christian Schmidt (CSU) vor einer „Überbetonung“ der OSZE. Deren „neue Operationalität“ sei „nur machbar, wenn die Nato der OSZE Deckung“ gebe. Er ließ deutliche Skepsis gegenüber der Entsendung der zivilen Beobachter in das Krisengebiet erkennen: „Mir wäre es lieber gewesen, eine SFOR-ähnliche Truppe hätte im Kosovo stationiert werden können.“ SFOR heißen jene Militäreinheiten, die den Friedensprozeß in Bosnien überwachen.
Christian Schmidt bemängelte außerdem, daß das für Geiselbefreiungen ausgebildete „Kommando Spezialkräfte“ nicht an der Schutztruppe beteiligt wird. Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) erklärte, im äußersten Notfall könnten weitere Truppen aus Deutschland oder auch im ehemaligen Jugoslawien stationierte deutsche SFOR-Einheiten als Verstärkung ins Krisengebiet gebracht werden. Dazu sei allerdings ein neuer Beschluß des Bundestages erforderlich.
Außenminister Joschka Fischer betonte, die alleinige Aufgabe der „Nato-Notfalltruppe“ in Mazedonien sei der Schutz und gegebenenfalls die Rettung der OSZE-Beobachter im Kosovo. Die Entsendung der Schutztruppe diene nicht der militärischen Durchsetzung und auch nicht der militärischen Begleitung der OSZE-Mission. An die PDS gewandt sagte Fischer, er könne nicht begreifen, wieso deren Fraktion die Zustimmung zu einer möglichen Evakuierung verweigere: „In dem Moment, wo ich Menschen dorthin schicke, kann ich ihnen das doch nicht verwehren.“
„Daß zivile OSZE-Beobachter geschützt werden müssen, steht für mich außer Frage“, sagte dazu PDS-Redner Wolfgang Gehrcke. Diese Aufgabe könne jedoch nur die Republik Jugoslawien übernehmen, die sich dazu auch vertraglich verpflichtet habe. Militärbündnisse wie die Nato seien „für nichtmilitärische Aktionen nicht geeignet“.
Günther Nolting (FDP) verlieh seiner „Freude“ Ausdruck, daß es im Verteidigungsausschuß einhellige Zustimmung zum Antrag der Bundesregierung gegeben habe. Er sieht in dem, was er einen „Gesinnungswandel“ der Grünen nannte, eine „nachträgliche Anerkennung der Richtigkeit der Außenpolitik der liberalen Außenminister“. Offen räumte Nolting ein, noch immer Schwierigkeiten damit zu haben, Fischer in diesem Amt zu sehen: „Ich komme mir nach wie vor vor wie im falschen Film.“
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