Ein neuer Happen Palästina

■ Israels Kabinett für weiteren Teilrückzug

Jerusalem (taz) – „Es ist gut, daß die Israelis gehen“, sagt Abu Ahmad in einem Dorf im Norden des Westjordanlandes, nahe der Stadt Dschenin. „Und es ist gut, daß die Palästinenser kommen“, fügt er hinzu. Das meiste Land, das die israelischen Truppen im insgesamt 13 Prozent des Westjordanlandes betreffenden Teilrückzug verlassen werden, soll hier an die Palästinenser übergeben werden. Zwei Prozent werden voraussichtlich schon morgen der zivilen palästinensischen Verwaltung überstellt, bleiben aber unter der militärischen Kontrolle Israels. Damit gehören sie nicht mehr zu Zone C, sondern zu Zone B. Weitere 7,1 Prozent werden in diesem ersten Schritt von Zone B in Zone A verwandelt, also vollständig unter Verwantwortung der Palästinenser gestellt.

Das israelische Kabinett stimmte dem Rückzug gestern zu. Das Votum fiel allerdings noch schlechter aus als bei der Abstimmung über das Wye-Abkommen vergangene Woche. Sieben Minister stimmten dafür, fünf dagegen, drei enthielten sich, zwei waren gar nicht anwesend. Ob das Kabinett von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die nächsten drei Monate, in denen das Wye-Abkommen umgesetzt werden soll, überlebt, ist fraglich.

Nach Angaben von Regierungsberater David Bar Ilan hat die palästinensische Autonomiebehörde inzwischen alle israelischen Auflagen erfüllt. Doch die Übernahme von Land durch israelische Siedler im Westjordanland hat viele Palästinenser verärgert. Dennoch traf sich Israels Außenminister und Siedlerlobbyist Ariel Scharon am Mittwoch mit dem Sekretär des PLO-Exekutivkomitees, Abu Masen, um über die Aufnahme der israelisch-palästinensischen Abschlußverhandlungen zu debattieren. Die israelische Polizei hat zumindest in Kedumim im Norden des Westjordanlandes eine Siedlungserweiterung verhindert. Zelte und Caravans wurden wieder geräumt.

Umstritten ist weiter die Form der Freilassung von in Israel inhaftierten Palästinensern. Ein Drittel der 750 Gefangenen, die von der Regelung betroffen sind, sollen noch in dieser Woche freikommen. Während Israel jedoch 150 Kriminelle – im wesentlichen Drogenhändler und Autodiebe – freilassen will, beharrt die Autonomiebehörde darauf, daß ausschließlich während der Intifada Verurteilte freikommen.

Aussichtsreich sind die Chancen für die Eröffnung des palästinensischen Flughafens im Gaza-Streifen. Noch diese Woche sollen die ersten Flugzeuge abheben und landen. Die Premiere dürfte Jassir Arafat vorbehalten sein. Georg Baltissen