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Kulturetat hängt noch weiter völlig in der Luft

■ CDU und SPD beraten heute im Koalitionsausschuß über die Millionenlücke im Kulturetat

Bei der Finanzierung der staatlichen Theater und Opernhäuser klafft weiterhin eine millionenschwere Lücke im Haushalt 1999, über die heute der Koalitionsausschuß von SPD und CDU beraten wird. Bei den Spielstätten hat sich ein Defizit von 50 Millionen Mark angesammelt. Die Haushaltspläne für 1999, die gestern der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses verabschiedete, gehen zudem davon aus, daß sich das Defizit im kommenden Jahr um weitere 30 Millionen vergrößern wird.

Der SPD-Haushaltsexperte Klaus Wowereit meldete denn auch Bedenken an, einen solch unrealistischen Haushaltsplan überhaupt zu verabschieden. Kultursenator Peter Radunski (CDU) aber geht davon aus, daß die Häuser den Fehlbetrag durch laufende Einsparungen im kommenden Jahr ausgleichen können.

Angesichts der Haushaltslöcher ist auch der Beschluß des Hauptausschusses, für 1999 22,1 Millionen Mark aus dem Etat des in Konkurs gegangenen Metropol-Theaters an die staatlichen Theater umzuverteilen, nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Kultursenator Radunski möchte außerdem die Metropol-Gelder des Jahres 1998 dazu verwenden, um das Defizit der staatlichen Theater abzufedern.

Das aber lehnt die SPD bislang ab. Falls das Defizit der staatlichen Theater nicht abgefedert wird, rechnet der Haushaltsexperte der Grünen, Oliver Schruoffeneger, damit, daß die ersten Häuser noch in der Sommerpause 1999 in Liquiditätsschwierigkeiten geraten werden. Mitten im Wahlkampf würden dann die Probleme der Kulturfinanzierung offenkundig.

Ungeklärt ist auch noch, wie die Abfindungszahlungen von 161 Metropol-Mitarbeitern finanziert werden sollen. 61 Mitarbeiter haben einen rechtskräftigen Vergleich in Höhe von insgesamt 1,3 Millionen Mark erzielt, doch die Gelder sind bislang blockiert, weil Kultursenator Radunksi sie in der strittigen Haushaltsvorlage über die Umverteilung der Metropol- Gelder auflistet. Wenn dem Hauptausschuß für diese Vergleichszahlung eine Einzelentscheidung vorgelegen hätte, wäre sie längst verabschiedet. So aber hat Radunski ein Druckmittel in der Hand.

Ein weiteres strittiges Thema, das den Koalitionsausschuß von CDU und SPD heute beschäftigen wird, ist die Frage der Umschichtung von Haushaltsgeldern zwischen Privattheatern und Freien Theatergruppen. Verhandelt wird außerdem über die Finanzierung der Kindertagesstätten und der polizeilichen Reiterstaffel.

Als „skandalös“ bezeichneten die Grünen die gestern im Hauptausschuß verabschiedete Leasing- Finanzierung für das Museum für Technik und Verkehr. Für den Innenausbau fehlen noch 40 Millionen Mark, weil vor drei Jahren die Baukosten mit 120 Millionen Mark unrealistisch niedrig angesetzt wurden. Der Investor will nun den Rohbau für 89 Millionen Mark vom Land kaufen und den Innenausbau finanzieren. Dafür schließt das Land für den Rückkauf des Gebäudes einen Leasing-Vertrag über zwanzig Jahre ab, der sich auf insgesamt 250 Millionen Mark beläuft. Die erste Leasing-Rate von 13,7 Millionen Mark ist im Jahr 2000 fällig. „Die Kosten sind viel höher und werden noch dazu in die Zukunft verschoben“, kritisierte der Grüne Schruoffeneger. Dorothee Winden

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