: Der paranoide Regisseur subtiler Politplots
■ Alan Pakula, der den Watergate-Skandal verfilmte, starb an den Folgen eines Autounfalls
Es war ein unverschuldeter, zufälliger Unfall, „a freak accident“, wie die New York Times schreibt, in dem der Regisseur großer Schauspielerfilme wie „Sophie's Choice“ („Sophies Entscheidung“, 1982), „All the President's Men“ („Die Unbestechlichen“, 1976) und „Klute“ (1971), Alan Pakula, am Donnerstag abend tödlich verunglückte. Nach Polizeiangaben war er rund 55 Kilometer östlich von New York City auf dem Long Island Expressway unterwegs, als eine auf der Straße liegende Eisenstange von einem vor ihm fahrenden Fahrzeug hochgeschleudert wurde und seine Windschutzscheibe durchschlug. Pakula, schwer am Kopf getroffen, starb kurze Zeit später im Krankenhaus.
Der Regisseur, der vor 70 Jahren am 7. April 1928 als Alan Jay Pakula im New Yorker Stadtteil Bronx zur Welt kam, entstammte einer polnisch-jüdischen Mittelklassefamilie. Seine Filmkarriere begann 1949 bei der Warner-Brothers-Zeichenfilmproduktion. 1957 produzierte er bei Paramount seinen ersten Film: „Fear Strikes Out“ mit Anthony Perkins in der Rolle des Baseballstars Jimmy Piersall, dessen Karriere aufgrund psychischer Probleme ins Schlingern gerät.
Pakula, der von seinen Mitarbeitern stets als „eleganter Mann“ mit leicht professoraler Ausstrahlung beschrieben wurde, sprach in Interviews immer wieder von seiner Faszination an Psychodramen, wobei ihn vor allem die Frage interessierte, wie Männer, die sich offenbar völlig unter Kontrolle haben, mit ihren Ängsten kämpfen.
Vielleicht war er aufgrund dieser Einstellung der ideale Mann der Schauspieler. Denn es waren immer sie, die die Oscars in den Filmen gewannen, die er produzierte oder in denen er Regie führte, während er leer ausging. 1972 gewann Jane Fonda ihren ersten Oscar für ihre Rolle als Großstadthure Bree Daniels, die in Donald Sutherland alias Kleinstadtdetektiv John Klute auf einen Mann trifft, der sexuell nicht manipulierbar ist. Bree muß als Fondas beste darstellerische Leistung gelten. Die Filmkritikerin Pauline Keel sah in der Figur gar eine der besten Frauenrollen, die Hollywood je auf die Leinwand brachte. Auch Meryl Streep verdankt Pakula einen Oscar für ihre Rolle als gepeinigte Überlebende eines Konzentrationslagers in „Sophies Entscheidung“ (1982).
Daß sich viele seiner Filme mit dem Verlust des Vertrauens in die Regierung beschäftigten, trug Pakula den Ruf des „paranoiden Regisseurs“ ein. Freilich kamen ihm, der die subtileren Plots schätzte, die Zeitläufte nicht entgegen. Daß der Mann, der mit „Die Akte“ („The Pelican Brief“, 1993) ein hohles Konspirationsdrama von John Grisham verfilmte, siebzehn Jahre zuvor mit „All the President's Men“ den ersten großen Washington-Politfilm gedreht hatte, würde man nicht ohne weiteres vermuten. Die Verfilmung des Watergate- Skandals, der Richard Nixon das Amt kostete, wurde damals mit vier Oscars ausgezeichnet. Doch auch hier ging der nominierte Regisseur leer aus.
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