■ Die Anderen
: "Guardian" zu Schröders Strategie der atomaren Verteidigung / "Basler Zeitung", "Standard" zu US-Sonderermittler Kenneth Starr vor dem Kongreß / "Tiroler Tageszeitung" zu Rot-Grün

Zur Initiative von Bundeskanzler Schröder zur Strategie der atomaren Verteidigung schreibt der „Guardian“: Die Entscheidung der Regierungskoalition von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Atomwaffen zum ersten Thema einer veränderten Außenpolitik zu machen, ist begrüßenswert. In den meisten Demokratien läuft die Debatte darüber auf niedrigem Niveau. Auf bösartige Weise versucht man meist, Loyalität und Männlichkeit jener in Zweifel zu ziehen, die nicht akzeptieren wollen, daß man das Thema praktisch nicht ernsthaft diskutieren könne. Der Einsatz atomarer Waffen bedeutet immer noch den psychologischen Sprung in ein schwarzes Loch. Wenn man sie beibehalten will, um auf den Einsatz chemischer und biologischer Waffen antworten zu können, kann man das Argument der Nichtweiterverbreitung nur schwer verteidigen. Deutschland verdient Unterstützung, weil es ein Tabu gebrochen hat.

Die „Basler Zeitung“ kommentiert den Auftritt von US-Sonderermittler Kenneth Starr vor dem Kongreß: Zwei Welten stießen im Rechtsausschuß des Repräsentantenhauses aufeinander: die Welt des Moralisten Starr, der in seiner Jugend Bibeln verkaufte und bis zur Hochzeit nie das Tanzbein schwang, der eheliche Treue und rechtliche Loyalität als absolute Voraussetzungen für die Führung eines öffentlichen Amtes betrachtet. Auf der anderen Seite lag die Welt der Aufgeklärten, die Moral und Regierungsverantwortung weiter interpretieren, zwischen privaten und öffentlichen Aktivitäten unterscheiden, die in der unkontrollierten Libido des Präsidenten eine Charakterschwäche, aber keine Staatsaffäre wittert. In jedem Fall muß die Schlußfolgerung lauten: Clinton bleibt im Amt und wird für sein Verhalten vom Kongreß gerügt. Das Volk hat ein Recht darauf, daß die Lewinsky-Saga Ende des Jahres beendet ist.

Der Wiener „Standard“ kritisiert Starrs Anti-Clinton-Kampagne: Daß die Maschinisten, die die Anti- Clinton-Haßmaschine wider jede politische Ratio befeuern, in Zukunft davon ablassen werden, ist wenig wahrscheinlich. Um so größer ist freilich die Möglichkeit, daß sich Clintons letzte zwei Amtsjahre ohne viel politische Substanz, dafür aber in einer um so gehässigeren Atmosphäre abspielen könnten.

Die „Tiroler Tageszeitung“ ist von Rot-Grün enttäuscht: Viel hat sich nach dem großen Aufbruch nicht bewegt. Wo ist der versprochene Modernisierungsschub geblieben? Was hat der lächelnde Wahlkämpfer eigentlich genau darunter verstanden? Auch das Konzept des Kanzlers für den Ruhestand ab 60 Jahren bei voller Rente wurde nicht zum Hit, sobald die mühevolle Arbeit des Nachrechnens begann. Derzeit macht Schröder vor allem einen müden Eindruck.