: Weitere Kündigungen sind möglich
■ Evangelischer Kirchentag berät Etat / Gemeinden mit Budgets
Bei der Bremischen Evangelischen Kirche und ihren 69 Gemeinden wird auch 1999 weiter Schmalhans Küchenmeister herrschen. Um ihren auf 105 Millionen Mark abgespeckten Etat aufzubringen, müssen die Kirchenoberen wieder 6,7 Millionen Mark aus den Rücklagen entnehmen. Heute befindet der Kirchentag, das Parlament der 286.000 evangelischen Christen in Bremen, über den Haushalt.
Ein Ende der Finanzmisere ist nicht in Sicht. Obwohl im vergangenen Jahr weniger Menschen aus der Kirche ausgetreten sind als 1996 (nämlich 2.773 gegenüber 3263), rechnen die Kirchenoberen perspektivisch mit weiteren Austritten und damit geringeren Kirchensteuereinnahmen.
Überlegungen, die Einnahmen zu erhöhen, indem etwa nicht-kirchsteuerzahlende Rentner oder Ehepartner von nicht-evangelischen Verdienern zu einem sogenannten Kirchgeld herangezogen werden, sind noch nicht ausgereift. Also müssen die Kosten runter, um das Ziel zu erreichen, in zwei bis drei Jahren die Ausgaben den Einnahmen anzugleichen.
Nach den 31 betriebsbedingten Kündigungen im vergangenen Jahr sind weitere Rauswürfe unter den noch 1.289 Kirchen-Mitarbeitern (1994 waren es 1.389) nicht ausgeschlossen – jedoch werden diese Entscheidungen auf der Gemeindeebene fallen. „Kirche ist kein Konzern“, sagen die Kirchenoberen um Kirchenausschuß Präsident Heinz Herrmann Brauer und Schriftführer Louis-Ferdinand von Zobeltitz. Deshalb sei eine Verteilung der Arbeit unter allen BEK-Mitarbeitern nicht möglich. Denn ab dem 1. Januar 1999 sind die Gemeinden auch finanziell weitgehend eigenständig, sagte der Schatzmeister des BEK-Kirchenausschusses, Jürgen Albrecht. Jede Gemeinde muß künftig selbst entscheiden, ob sie die Kirche ungeheizt läßt und dafür Papier für die Altenbastelgruppe beschafft, ob sie sich lieber einen Kirchenmusiker leistet oder eine Gemeindeschwester. Für jedes Gemeindemitglied überweist die BEK 9 Mark an die Gemeinde, hinzu kommt ein Sockelbetrag von 18.000 Mark.
Und eine weitere Neuerung beschäftigt die Christen an der Basis: Das neue Pfarrergesetz. Bisher verbringen Seelsorger in der Regel ihr ganzes Berufsleben an einer Gemeinde. Eine Versetzung ist nur möglich, wenn Pastor und Kirchenvorstand eine „nichtgedeihliche“ Zusammenarbeit feststellen. Künftig soll alle zehn Jahre Bilanz gezogen und über weitere Zusammenarbeit oder über einen Wechsel des Pastors entschieden werden. jof
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