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Weiche Landung in Gaza

■ Nach langem Streit mit den Israelis durften die Palästinenser gestern ihren Flughafen eröffnen

Gaza (taz) – Geschichtsträchtig ist vieles im Nahen Osten. Aber die gestrige Eröffnung des internationalen Flughafens im Gaza-Streifen hatte eine eigene Dimension. In Dahanijah, unweit der ägyptischen Grenze, wurde tatsächlich Geschichte geschrieben. Und keinem war dies mehr anzumerken als Palästinenserpräsident Jassir Arafat. Sein zufriedenes Lächeln unterschied sich von den Sorgenfalten der vergangenen Wochen. „Dies ist ein guter Schritt in der Umsetzung des Wye-Abkommens“, sagte er. „Er wird den Friedensprozeß voranbringen.“

Die Palästinenser verfügen jetzt über ein „eigenes Tor zur Welt“, wie der zuständige Minister Nabil Schaath es formulierte. Auch wenn die Israelis weiterhin unsichtbare Sicherheitskontrollen ausüben. Hinter abgeschirmten Fenstern kontrollieren sie den Eingang von Waren sowie Abflug und Ankunft von Palästinensern. Dennoch ist dies das erste Mal, daß Palästinenser künftig ihr Land verlassen können, ohne vorab um eine israelische Genehmigung nachsuchen zu müssen. Und wenn in absehbarer Zeit die festgelegte Route für eine Verbindungsstraße zwischen dem Westjordanland und dem Gaza-Streifen steht, werden auch Palästinenser aus dem Westjordanland von hier starten können. Besonderes Gewicht legte Arafat auf jene, die jetzt ihre Pilgerreise nach Mekka antreten können, ohne auf einen ägyptischen oder jordanischen Flughafen ausweichen zu müssen. Ausländern, die zukünftig über den Gaza International Airport einreisen, werden allerdings weiterhin Israelis ihren Stempel in den Paß drücken.

Die erste Maschine, ein ägyptischer Airbus, landete kurz vor neun Uhr auf dem neuen Flughafen. Unter den Zuschauern brandete Beifall auf, als die Maschine über dem wüstengleichen Gelände zur Landung ansetzte. An Bord waren Minister der ägyptischen Regierung und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, etwa bekannte Schauspieler. Sie mußten einen langen, roten Teppich entlang laufen und Dutzende von Händen schütteln, um in das Flughafengebäude zu gelangen.

Erbaut wurde der Flughafen nach marokkanischem Vorbild. Die Rundbögen im Innern wie auch das äußere Erscheinungsbild sollen keinen Zweifel daran lassen, daß es sich um einen arabischen Flughafen handelt. Besonderer Wert wurde auf Ornamente und Kalligraphie gelegt.

Tausende Palästinenser durchbrachen die Sicherheitsvorkehrungen, um an der Eröffnung teilzunehmen. Obwohl nur die wenigsten sich eine Flugkarte leisten können, wollten sie dabeisein. Ein junger Mann schob sogar sein Fahrrad durch die Kontrolle. Polizisten und Sicherheitskräfte tanzten nach der Landung der ersten Maschine Dabka, den traditionellen palästinensischen Tanz.

Insgesamt zehn Flugzeuge wurden gestern erwartet. Nach der ägyptischen landeten eine marokanische und dann eine jordanische Maschine. Aus Europa schickten Niederländer und Spanier je ein Flugzeug. Beide sollen der neuen palästinensischen Fluggesellschaft übergeben werden. Schon werden Überlegungen angestellt, auch im Westjordanland einen Flughafen einzurichten, um den Palästinensern die demütigende Kontrolle am Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv zu ersparen. Ein Ort hierfür sei aber noch nicht ausgemacht, sagte Hauptmann Salman Abu Halib, der Sicherheitschef der zivilen palästinensischen Flugbehörde.

Am palästinensischen Stolz zweifelte gestern niemand. Zum ersten Mal in der Geschichte können Palästinenser ihr Land über einen eigenen Flughafen verlassen. Arafats Prestige hat dadurch gewonnen. Nichts brauchte er mehr als einen solchen Erfolg. Die angekündigte deutsche Maschine, mit der Bundesratspräsident Hans Eichel aus Hessen das Land hätte verlassen sollen, schwebte jedoch nicht ein. Die Premiere der Lufthansa steht noch bevor. Georg Baltissen

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