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Kastration im mobilen OP

■ Hamburger Verein „Vier Pfoten“ schickt Hilfsgüter für Streunerhunde nach Bukarest. Tiere werden sterilisiert

Ein „Hilfsgütertransport für rumänische Streunerhunde“ mutet erst einmal merkwürdig an, angesichts der Tatsache, daß in dem osteuropäischen Land zur Zeit Menschen erfrieren. Die Medikamente und Operationsgeräte, die der in Hamburg ansässige deutsche Zweig der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ gestern auf die Reise schickte, seien jedoch kein Luxus, sondern sollten in Bukarest ein konkretes Problem lösen, erläuterte Vereinsmitglied Patricia Fromm.

Viele Menschen in der rumänischen Hauptstadt hätten sich aufgrund der wirtschaftlichen Not die Haltung ihrer Vierbeiner nicht mehr leisten können und sie ausgesetzt. Die Folge sei eine enorme Vermehrung der Straßenhunde. Die Stadtverwaltung lasse Tausende von ihnen einfangen, in Sammel-stellen bringen und töten, jedoch ohne des Problems Herr zu werden. Seit vier Jahren organisiert „Vier Pfoten“ als langfristig wirksamere Alternative die Kastration beziehungsweise Sterilisation der Tiere. In einer ehemaligen Hundesammelstelle, die zur Operationsstation umgebaut wurde, haben TierärztInnen laut einer Bilanz des Vereins seit vorigem Sommer über 10.000 Tiere unfruchtbar gemacht.

Der ehemalige Polizeibus, der gestern vor dem „Vier Pfoten“-Domizil in Ottensen beladen wurde, fährt zunächst nach Wien, um dort zu einem mobilen Hunde-OP umgebaut zu werden. Dann geht es weiter nach Bukarest. Dort wird die Tätigkeit der TierschützerInnen von örtlichen Tierkliniken und der Stadtverwaltung unterstützt.

„Vier Pfoten“ Deutschland existiert seit 1994 und organisiert neben dem Hundeprojekt Kampagnen gegen Massentierhaltung, Delphinarien und Pelztierfarmen. Der Verein versteht sich als gewaltfrei; Patricia Fromm distanziert sich von Tierbefreiungsaktionen radikaler TierrechtlerInnen.

Allerdings scheut sich „Vier Pfoten“ nicht, den Kampf gegen Tierquälerei teilweise mit einem Vokabular zu führen, das durch die deutsche NS-Geschichte besetzt ist. So bezeichnet der Verein die ehemaligen Bukarester Hundesammel- und -tötungsstellen als „Vernichtungslager“. Pressesprecherin Burga Torges verteidigt die Wortwahl: „Es geht auch hier um die systematische Vernichtung von fühlenden Lebewesen, denen die gleichen Rechte wie Menschen zustehen.“

Jakob Michelsen

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