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Abgeschleppt ins Winterquartier

Die Odyssee ist zu Ende: Bezirksamt Altona läßt Bauwagenplatz der Gruppe „Dosengarten“ hinter der Roten Flora räumen  ■ Von Judith Weber

Die Räumungsfrist betrug rund drei Minuten. Als das Altonaer Bezirksamt die Bauwagengruppe „Dosengarten“ gestern morgen aufforderte, den Platz hinter der Roten Flora im Schanzenviertel zu verlassen, standen die Abschleppfahrzeuge schon bereit. Der grell besprühte Küchenwagen wurde als erster an einen Traktor des Gartenbauamtes gehängt; die beiden schrottigen Wohnwagen folgten. Zwei Frauen, die versuchten, das Wegschleppen zu verhindern, wurden festgenommen.

Damit ist die Odyssee der acht Wilhelmsburger WagenbewohnerInnen beendet, die seit Wochen auf der Suche nach einem Platz durch Hamburg gezogen waren. Nach Stopps vor dem Bezirksamt Wilhelmsburg, in Harburg, an der Uni, der Altonaer Hospitalstraße und im Schanzenpark hatten sie Anfang der Woche drei ihrer Wagen auf das Gelände hinter der Flora gebracht. Dort wollten die acht Frauen und Männer überwintern.

Das gefiel dem Altonaer Bezirksamt nicht. „Wir haben immer klargemacht, daß wir das nicht tolerieren würden“, kommentierte dessen stellvertretender Leiter Kersten Albers die Räumung. „Die Gruppe hatte genug Zeit, freiwillig zu gehen.“ Bereits Anfang der Woche habe das Amt den Frauen und Männern vorgeschlagen, auf ein anderes Grundstück zu ziehen, erklärte auch Amtsleiter Uwe Hornauer.

Im Angebot sei eine Ecke des Bauwagenplatzes an der Gaußstraße gewesen sowie der Parkplatz Braun am Volksparkstadion. Wohnlich sind beide Standorte nicht. Die Gaußstraße gilt als chaotisch, außerdem „hätten wir nicht alle zusammen dort bleiben können“, so ein Wagenbesitzer. Der Parkplatz ist eine Betonfläche zwischen Autobahn und Stadion, auf der schon eine Bauwagengruppe lebt.

Das sind jedoch keine Argumente gegen einen Umzug, so Hornauer. „Es hat mehrere Gespräche und Angebote unsererseits gegeben. Wir sind ja nicht verpflichtet, Zimmer mit Aussicht anzubieten.“

Also wurden die Wagen gestern von der Behörde auf den Parkplatz Braun geschleppt. Die Gruppe will sich nun dem Amtswillen fügen und „zumindest für den Winter“ auf der Betonfläche bleiben.

Trotzdem sei die Räumung nicht korrekt verlaufen, beharren die WagenbewohnerInnen. Man habe ihnen keine Frist zugestanden, um freiwillig auf den Parkplatz zu ziehen. Ähnlich sieht das Manfred Mahr, GAL-Bürgerschaftsabgeordneter und Kritischer Polizist. Er „hätte es angemessener gefunden, die Verfügung einen Tag vorher zuzustellen“.

Ein Gutes habe das schnelle Abschleppen doch, witzelte Anwalt Manfred Getzmann, der die Gruppe vertritt: „Sie haben es sich erspart“, ihre Wagen selbst zum Stadion zu schleppen.

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