: Kommentar (Berichte Seite 8 u. 22)
Es ist schon mutig, wenn eine Wissenschaftlerin Meßergebnisse anders interpretiert als der Leiter des Labors, das die Messungen durchgeführt hat. Der Bremer Physiker Gerald Kirchner ist seit Jahren als seriöser Experte bekannt. Wer gegen seinen Rat bundesweite Schlagzeilen macht, der muß sich das gut überlegt haben.
Die Professorin Inge Schmitz-Feuerhake hat nicht nur behauptet, daß die im Labor von Kirchner analysierten Proben zwingend auf strahlendes Material aus dem AKW Krümmel hindeuten. Sie hat darüber hinausgehend behauptet, daß die gemessenen Mengen ursächlich seien für eine lokal vermehrte Entstehung von Leukämie. Auch letztere Behauptung wird von Fachleuten bestritten.
Warum hat Schmitz-Feuerhake die Debatte unter den Wissenschaftlern, die jetzt stattfindet, nicht geführt, bevor sie große Schlagzeilen machte? Auf die paar Wochen wäre es nicht mehr angekommen. Es bleibt der ungute Eindruck, daß sie aus Übereifer die gebotene wissenschaftliche Sorgfalt vernachlässigt hat.
Das Spannende an dem Streit ist, daß Kirchner auch ein langjähriger Kritiker der Nutzung der Atomenergie ist. Daß inzwischen ein grüner Staatssekretär in Kiel mit der Sache befaßt ist und ein grüner Umweltminister in Bonn, zeigt, wie weit die Jahre zurückliegen, in denen Inge Schmitz-Feuerhake und Gerald Kirchner zusammen gegen AKWs nur demonstrierten. Klaus Wolschner
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