: Finale Annäherungen an den Todesschuß
■ SPD-Front gegen den finalen Rettungsschuß bröckelt. Innensenator bringt neuen Vorschlag
Die CDU fordert ihn per Gesetzentwurf, der Innensenator drängt darauf, nur die SPD verhinderte bislang, daß der sogenannte finale Rettungsschuß in das Landespolizeigesetz (ASOG) eingefügt wird. Doch die SPD-Ablehnung bröckelt. Gestern diskutierten die InnenpolitikerInnen der Fraktion über die Notwendigkeit einer rechtlichen Regelung des Todesschusses. Eine Entscheidung wurde dabei noch nicht getroffen, von genereller Ablehnung ist indes nicht mehr die Rede.
„Den Todesschuß gibt es in der Praxis sowieso“, sagte gestern SPD-Innenexpertin Kirsten Flesch. Um dem einzelnen Polizisten aber die Verantwortung dafür von den Schultern zu nehmen, bedürfe es jetzt einer klaren Regelung der Verantwortung. Die SPD lehne zwar mehrheitlich eine Änderung des ASOG ab – diese sei nicht notwendig –, man könne sich aber eine Regelung auf einer niedrigeren Ebene, in Form von Weisungen, vorstellen. So will man vermeiden, per Gesetz zu legitimieren, „daß man Menschen totschießen darf“. Doch selbst die Einschränkung des Grundrechts auf Leben werde nicht von allen SPD- InnenexpertInnen abgelehnt.
Mit einer Regelung unterhalb des Gesetzes werden sich indes weder die CDU noch Innensenator Eckart Werthebach (CDU) zufriedengeben. Nur ein Gesetz verlagere die Verantwortung. Um nun zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen, hat der Innensenator einen neuen Vorschlag vorgelegt: Man streicht einfach das Wort „Tod“ und ändert trotzdem das ASOG. Wie Innensprecher Martin Strunden erklärte, schlägt Werthebach vor, einen Schuß mit dem Ziel der „Angriffsunfähigkeit“ in das Polizeigesetz aufzunehmen.
Zum einen aber hat der Leiter des Spezialeinsatzkommandos (SEK), Martin Textor, der SPD gestern deutlich gemacht, daß auch Angriffsunfähigkeit einen Schuß zwischen die Augen – also Tod – bedeutet. Zum anderen macht der Innensenator für die Sprachregelung von der Angriffsunfähigkeit zur Bedingung, daß die SPD der Änderung eines weiteren Gesetzes, des UZwG, zustimmt. Das Gesetz über den Unmittelbaren Zwang regelt die Mittel, die die Polizei einsetzen darf. Darin ist bisher nur der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit geregelt. Eine Tötung ist durch dieses Gesetz nicht abgedeckt. Die SPD will mit weiteren Experten nun ihre Beratungen fortsetzen. Barbara Junge
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