: Gestapo-Mann angeklagt
■ Der 79jährige Alfons Götzfrid soll 1943 im KZ Majdanek 500 Juden erschossen haben
Berlin (taz) – Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat gegen einen ehemaligen Gestapo-Mann Anklage wegen Beihilfe zum Mord in 17.000 Fällen erhoben. Der 79jährige Rußlanddeutsche Alfons Götzfrid wird beschuldigt, im Konzentrationslager Majdanek am 3.November 1943 eigenhändig etwa 500 Menschen erschossen und Gewehre nachgeladen zu haben.
Götzfrid sitzt seit März dieses Jahres in Untersuchungshaft. Der frühere SS-Unterscharführer hatte bei einer routinemäßigen Befragung zu einem anderen Fall ungefragt ausgeplaudert, er habe an Judenerschießungen in Majdanek teilgenommen. 500 Juden, darunter auch Kinder, seien von ihm ermordet worden. Der in der Ukraine geborene Spätaussiedler, der erst im August 1991 mit seiner Familie nach Deutschland gekommen war, glaubte wohl, die Taten seien durch seine 13jährige Lagerhaft in Sibirien abgegolten. Doch der Bundesgerichtshof hat mehrfach entschieden, daß das verfassungsrechtliche Verbot einer Doppelbestrafung nur bei „innerstaatlichen Gerichten“ oder bei Vorliegen entsprechender zwischenstaatlicher Verträge anzuwenden sei.
Die Massenmorde vom 3. und 4.November 1943 sind als „Aktion Erntefest“ in die Geschichte eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt wurden alle noch lebenden Juden im Osten des Generalgouvernements in verschiedenen KZs ermordet. Insgesamt fielen nach Recherchen des Münchner Historikers Dieter Pohl etwa 42.000 Zwangsarbeiter den NS-Massakern zum Opfer. Götzfrid war damals Mitglied beim Kommandeur der Sicherheitspolizei Lemberg. Er war 1941 der Wehrmacht freiwillig beigetreten und spätestens seit 1943 bei der Gestapo. Zu den Morden in Majdanek war er extra aus Lemberg angefordert worden.
Nach seinem überraschenden Geständnis versucht er nun seine Tatbeteiligung kleinzureden. Er habe nur wenige Schüsse abgegeben, danach sei ihm schlecht geworden und er sei in Ohnmacht gefallen, sagte Götzfrid bei weiteren Vernehmungen nach Angaben der Staatsanwaltschaft. Ein Prozeßtermin steht noch aus. Klaus Hillenbrand
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