: Schön kaputte Telefone
Heute werden im Museum für Post und und Kommunikation die besten Fernsprecher-Skulpturen prämiert ■ Von Eberhard Spohd
„Das ist der Telefonmann“, stellt Mareike vor, „und das die Telefonfrau.“ Mit einem alten Hörer, einer Menge Kabel und Muttern aus zwei Fernsprechern hat sie die Figuren zusammengebastelt. Auf die Frage, wo sie denn das Material her habe, springt ihre Freundin Jessica ein: „Wir haben die Telefone vorher kaputt gemacht.“
Die Eltern der Mädchen müssen sich aber keine Sorgen machen. Nicht etwa die heimischen Telekommunikationsendgeräte wurden für die Bastelstunde zweckentfremdet. Jessica und Mareike nehmen am Erfinder-Wettbewerb des Museums für Post und Kommunikation teil.
„Jede Woche klappern wir die Recyclinghöfe der Stadt ab, um alte Telefone, Tonbandgeräte oder Computer einzusammeln“, erläutert Museumsleiterin Judith Kruse. Die Geräte würden zudem nicht einfach zerstört, sondern fachmännisch auseinandergeschraubt – auch wenn einige Kinder als erstes nach einem Hammer fragen. „Denen müssen wir dann erklären, daß es nicht um das Zerschlagen geht, sondern darum, aus den Einzelteilen etwas Neues zusammenzusetzen.“ So findet man unter den Exponaten Spinnen aus Kupferdraht und Langusten aus Tastaturknöpfen, Autos mit Rädern aus Wählscheiben und Phantasiemaschinen aus Cassettenrecordern.
Eingebettet ist die Erfinder-Werkstatt in die Mitmach-Ausstellung „Immer und Überall“. Hier sollen die Kinder eingeführt werden in eine Welt der Kommunikation. „Wichtig war uns, daß unsere Besucher begreifen, wie Kommunikation funktioniert und wie sie sich im Lauf der Zeit entwickelt hat.“ Darum steht nicht nur die Technik mit Rohrpost, Faxgerät, Bildtelefon und Computer zur Verfügung. Vor Spiegeln können Körperbotschaften erkundet werden; in der Schreibwerkstatt schreiben Kinder Briefe mit Federkielen und verzieren sie mit Stempeln.
Mareike hantiert derweil wieder mit Schraubenzieher und Klebepistole. Schließlich braucht ihre Frau noch Beine. Mit ein wenig Glück könnte die Achtjährige damit sogar einen Preis gewinnen. Heute nachmittag prämiert eine hochkarätige Jury die besten Entwürfe. In dem Gremium sitzt der Maschinenkünstler Nicolas Anatol Baginsky ebenso wie der ehemalige stellvertretende Direktor der Kunsthalle Helmut Leppien.
Mareike allerdings lockt das nicht. „Nö, da mache ich nicht mit“, weigert sie sich, „ich nehme die Figuren lieber mit nach Hause und schenke sie meiner Omi.“
„Immer und Überall“, noch bis zum 17. Januar 1999, Museum für Post und Kommunikation, Stephansplatz 5
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