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Das Spiel ist aus

■ Sechs Jahre für Beiersdorf-Erpresser. Richter spricht von „schnöder Geldgier“

Für ein Spiel konnte man am Donnerstag noch halten, was in Saal 209 des Landgerichts verhandelt wurde. Die beiden Angeklagten erklärten detailliert, wie sie versucht hatten, bei der mulitmedialen Geldübergabe die Polizei auszutricksen. Und der Vorsitzende Richter Claus Rabe schien Gefallen an der Idee der beiden zu finden, das perfekte Verbrechen zu planen.

Der Schein täuschte. Gestern sprach Rabe von einem „Fall von Schwerstkriminalität“ und verurteilte die beiden Studenten wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung des Beiersdorf-Konzerns zu je sechs Jahren Gefängnis. Nicht aus sportlichem Ehrgeiz, sondern aus „schnöder Geldgier“ hätten sie gehandelt, hielt der Richter den Angeklagten vor. Sie hätten ihren hohen Lebensstandard erhalten wollen und dafür ein „erhebliches Maß an krimineller Energie“ aufgebracht.

Zwischen Januar und Mai hatten die beiden Beiersdorf in zwölf Erpresserschreiben aufgefordert, 853.000 Mark zu zahlen. Anderenfalls wollten sie Kosmetik-Produkte des Konzerns mit Gift versetzen und die Öffentlichkeit vor dem Kauf warnen. Zur Bekräftigung ihrer Drohung legten sie dem ersten Schreiben eine Flasche „Nivea-Visage“ bei, die sie mit einer terpentinähnlichen Flüssigkeit aufgefüllt hatten.

Das Geld sollte Beiersdorf auf verschiedene Konten einzahlen. Die technischen Daten der dazugehörigen Karten sollten auf einen Anrufbeantworter gesprochen werden, von dem die beiden sie abhören und dann auf sogenannte „Rohlinge“ kopieren wollten. Beim Versuch, den Anrufbeantworter von Holland aus abzuhören, wurden die Angeklagten festgenommen.

Ihr Verteidiger hatte auf Bewährungsstrafen plädiert; die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Gefängnis gefordert. Richter Claus Rabe führte aus, er habe erwogen, noch höher zu gehen, sei dann aber der Staatsanwaltschaft gefolgt. Die harte Strafe begründete er vor allem damit, daß angesichts der sich häufenden Erpressungsfälle potentielle Täter abgeschreckt werden müßten. Rabe: „Verbrechen lohnt sich nicht“.

An den beiden Tätern prallte diese Warnung ab. Sie grinsten breit und plauderten miteinander, während Rabe das Urteil begründete.

Elke Spanner

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