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"Generalisten haben eine Chance"

■ Vor gut vierzehn Tagen hat das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln eine Studie über Aussichten von Geisteswissenschaftlern in der Wirtschaft veröffentlicht. Ein Gespräch mit Referatsleiterin Christiane

taz: Sie haben die Aussichten von Geisteswissenschaftlern in der Wirtschaft untersucht. Was ist dabei herausgekommen?

Konegen-Grenier: Ausgangspunkt der Untersuchung war die Münchener Arbeitsmarktinitiative „Mit Kant und Kafka in die Wirtschaft“, ein Integrationsprogramm für Geisteswissenschaftler, das 1985 gegründet wurde. Mit einem 250stündigen Kursangebot, das EDV-Schulung, wirtschaftsbezogenen Fremdsprachenunterricht und ein Pflichtpraktikum umfaßt, sollten Studenten der Geisteswissenschaft fit für die Wirtschaft gemacht werden. In der Studie wollten wir jetzt herausfinden, wieviel dabei herausgekommen ist. Wir haben Absolventen und Unternehmen nach dem Erfolg im Berufseinstieg, der Paßgenauigkeit von Unternehmererwartungen und Absolventenqualifikationen und den Innovationsimpulsen von Geisteswissenschaftlern im Job gefragt. In den beiden ersten Punkten war das Ergebnis sehr positiv, Punkt drei konnten wir in der Studie weniger bestätigen.

Spielen Geisteswissenschaftler in der Wirtschaft hierzulande überhaupt eine Rolle?

Auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind Geisteswissenschaftler in der Wirtschaft noch immer die Ausnahme. 75 Prozent kommen im öffentlichen Dienst und bei den Medien unter, gerade mal jeder vierte findet den Weg in ein Unternehmen. Bei den Studenten der Initiative dagegen lag die Quote bei 59 Prozent, jeder zweite ist in der Privatwirtschaft untergekommen. Geisteswissenschaftler sind letztlich neu in der deutschen Wirtschaftslandschaft. Wenn sie aber einmal drin sind, bewähren sie sich. Welche Qualifikationen bieten Geisteswissenschaftler, die Unternehmen suchen?

Es gibt keine speziellen geisteswissenschaftlichen Qualifikationen, die Unternehmen suchen. Aber die Geisteswissenschaftler profitieren allgemein von den Veränderungen im Angebotspotential. Neben Fachwissen sind immer mehr Kommunikation, internationale Bewegungsfähigkeit und Umgang mit unstrukturierten Situationen gefragt. Die Konkurrenzsituation hat sich für Geisteswissenschaftler einfach verbessert, weil jetzt mehr generalistische Fähigkeiten gefragt sind als früher.

In welchen Bereichen haben Geisteswissenschaftler denn überhaupt eine Chance?

Vor allem im Dienstleistungsbereich, in kommunikationsbezogenen Dienstleistungsangeboten, Banken oder Versicherungen zum Beispiel. Ich glaube, daß dieser ganze Sektor ein Wachstumsbereich für Unternehmen ist. Durch die besseren technischen Möglichkeiten haben wir immer mehr Zugriff auf Informationen. Das führt zu einem Overkill. Leute, die das strukturieren können, werden in Zukunft wichtiger. Ich könnte mir vorstellen, daß Geisteswissenschaftler davon sehr profitieren. Warum sind Unternehmen gegenüber Geisteswissenschaftlern so skeptisch?

Man vermißt Querverbindungen zur Wirtschaft, viele haben nicht mal Grundlagen. Und in der deutschen Wirtschaft ist man es nicht gewohnt, daß jemand losgelöst von fachlichen Qualifikationen generalisierend arbeiten will. Das ist zum Beispiel im angelsächsischen Bereich ganz anders. Dort ist es nicht ungewöhnlich, wenn jemand als Investmentbanker arbeitet, obwohl er griechische Philosophie studiert hat. In Deutschland dagegen ist die Fachkultur viel ausgeprägter.

Was raten Sie Geisteswissenschaftlern, um in der Wirtschaft landen zu können?

Es ist wichtig, selbstbewußt aufzutreten. Vor allem sollte man signalisieren, daß man sich in wirtschaftliche Zusammenhänge einarbeitet und sie interessant findet, auch wenn man da gerade erst am Anfang steht. Kein Unternehmen wird jemanden einstellen, der sagt, Wirtschaft finde ich totenöde.

Die Studie ist beim Deutschen Instituts Verlag in Köln für 12,50 DM erhältlich, Tel. (0221) 4981452

Interview: Anja Dilk

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