: Erste Klasse: Freie Fahrt für Berliner Amigos
■ Bahnvorstand Axel Nawrocki verschenkt Jahresnetzkarten im Wert von bis zu 18.000 Mark
Auch in Frankfurt ist Axel Nawrocki (CDU) seinen Berliner Amigos treu geblieben: Der einstige Manager der fehlgeschlagenen Berliner Olympiabewerbung verschenkte in seiner neuen Funktion als Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn AG Jahresnetzkarten des Unternehmens an Persönlichkeiten in der Hauptstadt. Der Chef der Berliner Senatskanzlei, Volker Kähne, bestätigte jetzt einen entsprechenden Bericht des ARD- Magazins „Monitor“. Er habe bereits am 3. November „mit Schreiben der Deutschen Bahn AG, unterzeichnet von Herrn Dr. Nawrocki, eine Bahn-Netzcard übersandt bekommen“, so Kähne. Die Karte im Wert von 10.900 Mark berechtigt innerhalb eines Jahres zu beliebig vielen Fahrten in der 1. Klasse. Doch dieses Vergnügen war dem parteilosen Büroleiter von Berlins Regierendem Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) offenbar zu riskant: Obwohl Nawrocki ihm die Karte nicht „persönlich geschenkt“, sondern „in seiner Eigenschaft als Stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates der Deutschen Bahn Projektgesellschaft Berlin“ zugeschickt habe, so Kähne, habe er den teuren Fahrschein „zu keinem Zeitpunkt genutzt“ und „zwischenzeitlich zurückgesandt“.
Weniger skrupulös zeigte sich der Medienunternehmer Detlef Prinz, ein früherer Geschäftspartner Nawrockis aus dessen Zeit als Chef der Berliner S-Bahn. Er hat sogar eine übertragbare Jahresnetzkarte im Wert von 17.913 Mark erhalten, will sie aber anders als Kähne nicht zurückgeben. Er benutze die Karte aber nicht privat, sondern für sein Unternehmen, rechtfertigte er sich.
Das wird ihm im Zweifel nicht viel helfen: Berlins Justizsenator Erhart Körting (SPD) wies gestern darauf hin, daß Bestechlichkeit und Bestechung nicht nur im öffentlichen Dienst, sondern als „Straftaten gegen den Wettbewerb“ nach Paragraph 299 Strafgesetzbuch auch „im geschäftlichen Verkehr“ strafbar sind. Die bekanntgewordenen Fälle seien „wohl nur die Spitze eines Eisbergs“ und „ein Fall für die Ermittlungsgruppe Korruption“.
Die Vorwürfe kommen zu einem Zeitpunkt, zu dem Nawrocki ohnehin unter Beschuß steht. Schließlich ist er im DB-Vorstand für den Personenfernverkehr zuständig, der nach dem ICE-Unglück von Eschede auch wegen eines völlig mißglückten Krisenmanagements stark eingebrochen ist. Die Ablösung von Nawrocki nebst Vorstandschef Johannes Ludewig galt nach der Bundestagswahl eigentlich als ausgemacht, allein aus Mangel an personellen Alternativen hatte Bundesverkehrsminister Franz Müntefering (SPD) das Stühlerücken vorerst vertagt.
Nach den neuerlichen Fehlleistungen ist es allerdings fraglich, ob Nawrocki, der in Bahnkreisen schon lange als unfähig gilt, noch haltbar ist. „In der Politik“, sagt der Bundestagsabgeordnete Albert Schmidt (Grüne), „würde man nach solchen Vorfällen sagen: Das war's.“ Ralph Bollmann
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