Abtragen der Sozialhilfe

Versuch beendet, Bezirk beglückt: Sozialamt Altona stellt Zahlungen an ein Drittel der Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt ein  ■ Von Judith Weber

Es ist wieder Platz in den Datenbanken des Sozialamts Altona. Innerhalb von drei Monaten konnten Sachbearbeiter ein Drittel der Dateien löschen, in denen Namen von Empfängern aufstockender Sozialhilfe verzeichnet waren. Die Behörde hat die Zahlungen an 200 von 665 Haushalten eingestellt – und spart damit 110.000 Mark pro Jahr. Das geht aus dem Schlußbericht des Modellprojektes „Loslösung“ hervor, welcher der taz vorliegt.

Der Versuch lief von Anfang Juli bis Ende September. Zwei Mitarbeiter beschäftigten sich in dieser Zeit nur damit, jene Menschen „gezielt aus dem Bestand herauszufiltern“, die monatlich 400 Mark oder weniger vom Sozialamt bekamen. Ihnen schrieb das Amt einen Brief. Daß „jeder Hilfeempfänger mithelfen“ müsse, unabhängig zu leben, stand darin, und daß auch ein sozialversicherungsfreier 620-Marks-Job zumutbar sei (taz berichtete).

Wer in einem Beratungsgespräch nicht beweisen konnte, sich stets um Jobs bemüht zu haben, oder den Gesprächstermin verpaßte, bekam kein Geld. So hätte man schon immer mit Hilfeempfängern umgehen müssen, findet das Amt: „Dieses Vorgehen ist durch das Bundessozialhilfegesetz gedeckt. Aus Kapazitätsmangel“, so der Abschlußbericht, „konnte es aber bisher nicht umgesetzt gewesen“.

Bei den Grünen stößt diese Haltung auf Kritik. „Die Betroffenen werden mit der Arbeitssuche allein gelassen“, schimpft Susanne Böhmcker von der GAL Altona, die diesbezüglich eine Anfrage an Bezirksamtsleiter Uwe Hornauer gestellt hat. Denn niemand prüft, ob die aussortierten Hilfeempfänger eine Stelle gefunden haben.

„Das wissen wir nicht“, bestätigt Uwe Starkjohann vom Sozialamt Altona. „Viele haben sich einfach nicht mehr bei uns gemeldet oder Termine nicht wahrgenommen.“ In seinem Amt wird die erprobte Beratungsmethode mittlerweile auch bei jenen angewandt, die einen neuen Antrag auf Hilfe zum Lebensunterhalt stellen. „Hier wird auch auf 620 Mark-Jobs verwiesen“, so Starkjohann. Zwar würden nicht alle Gesuche abgelehnt, aber Hilfesuchende müssen ausreichende Bemühungen nachweisen. „Es ist zumutbar, sich acht Stunden täglich um einen Arbeitsplatz zu kümmern“.

„Absurd“ findet das Angelika Schulz von der Frauenberatung des Diakonischen Werkes. Schließlich beantragen viele Menschen aufstockende Sozialhilfe, die ansonsten Arbeitslosenhilfe bekommen. Sie dürfen nicht mehr als 120 Mark monatlich verdienen; was darüber hinaus geht, wird vom Geld des Arbeitsamtes abgezogen. Von 620 Mark pro Monat bleiben ihnen nach diesem Aufrechnen nur 380. „Das ist Lohndumping“, findet Böhmcker – wenn auch eines, das die öffentlichen Kassen entlastet.

Betroffene können sich an Susanne Böhmcker wenden, Tel. 8902561