: Und jetzt wieder mit Harmonie
■ Die Bremer Jazzer „Cool Position and Strings“ spielten very cool auf den Höfen
Der einheimische Saxophonist Eckhard Petri hat zur Zeit viel zu tun. Am letzten Sonntag spielte er in den Westerterrassen im Günther Späth Quartett, genau eine Woche später war er im Studio auf den Höfen mit seiner „Cool Position & Strings“ zu hören. Beides sehr unterschiedliche Formationen und Stilrichtungen, aber eines verbindet sie doch: Bei beiden Konzerten wurde ein sehr gefälliger, klassizistischer Jazz zelebriert, der schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat, und dennoch (trotz Zappas scheinbar endgültigem Verdikt) weder tot ist, noch komisch riecht.
„Cool Position“ gibt es schon einige Jahre lang. Im Stil des Westcoast-Jazz der 50er Jahre wollen die Musiker hier „spannende, melodische Linien entwickeln“ (so Petri in einem taz-Interview). Das melodische, oft durchkomponierte Spiel, die feinsinnigen Arrangements und die „coole“ Grundstimmung zeichnen die Band aus. Während beim Baritonsaxophonisten Dierk Bruns heftigst Garry Mulligan mitklingt, sind Petris Vorbilder nach eigener Aussage Art Pepper und Lee Konitz.
Die Band spielte ursprünglich ohne Piano, also ohne Harmonie-Instrument, und da sich die Musiker wie alle Minimalisten irgendwann einmal nach größerem sehnten, holten sie sich ein Streichquartett zur Hilfe. „Und jetzt wieder mit Harmonie“ war dann auch eine der Ansagen von Petri, nachdem die Basisband den zweiten Set alleine eröffnet hatte. Bei Jazz & Strings gab es schon immer Reibungen: Die einen musizieren nur vom Blatt, die anderen beginnen erst da wirklich zu spielen, wo die Notationen aufhören, und meistens gibt es bei solchen Projekten nur lauwarme Kompromisse mit der altbekannten Streichersoße.
Um so angenehmer war die Überraschung bei diesem Auftritt, denn das Konzept machte erstaunlich viel Sinn. Das liegt auch daran, daß der „Cool Jazz“ ein sehr weißer, europäisch ausgerichteter Stil war und ist. Wilde, hymnische Soloexkursionen sind hier kaum zu erwarten, und so konnten sich die vier Steicher Uli Böskin, Cordula Welsch, Constantin Dorsch und Gero John darauf verlassen, daß der Takt von den Jazzern nicht zu anarchisch swingen würde.
Die Arrangements waren feinsinnig, manchmal sogar raffiniert. Die Ton-Klischees wurden vermieden, und die vier klassischen Musiker versuchten zum Glück auch nicht mehr, als sie konnten. Die Grenzen zwischen den beiden Quartetts blieben immer genau definiert, und gerade dadurch bekam das Zusammenspiel seine Spannung. Und es gab schöne Ideen. So wurde in die Komposition „Friends Again“ ein berühmtes Solo über „Just Friends“ von Charlie Parker verwoben, und dieses spielten die beiden Bläser mit den vier Streichern unisono Note für Note und ohne einen Mißton. Das viele Üben hat sich gelohnt.
Die angenehme Grundstimmung des Auftritts entstand nicht zuletzt durch die ironischen Ansagen von Eckhard Perti, aber das Coolste am Konzert war reiner Zufall. Der Bassist Jens Piezunker sieht dem Filmstar Jeff Bridges verteufelt ähnlich, und sein langes blondes Haar wogte mit Reflexen im Spiegel hinter der Bühne, vor dem er direkt postiert war, so schön wie im Film. Er stand dort wirklich in einer coolen Position. Wilfried Hippen
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