: Unterm Strich
Am 3. Dezember öffnet im Filmmuseum Potsdam die bundesweit erste Ausstellung zu Leben und Werk der Filmemacherin Leni Riefenstahl. Um einem medialen Aufschrei vorzubeugen – Stichwort: Walser, Martin – hat die Potsdamer Museumsleiterin Bärbel Dalichow ihr Anliegen schon vorab im Gespräch mit dpa erklärt: „Nach gründlicher Beschäftigung mit dem Filmmonopolbetrieb der DDR, der Defa, wollten wir uns auch mit der Filmproduktion im Faschismus auseinandersetzen“, so ihr Ansatz zur Ausstellung. „Niemand hatte bisher offenbar Lust, sich Angriffen und Verdächtigungen auszusetzen“, resümiert Dalichow darüber, daß es die erste Riefenstahl-Retrospektive ist. „Noch immer mangelt es an Souveränität im Umgang mit den schmerzhaftesten Punkten unserer Geschichte. Die teils hysterischen Reaktionen auf die Ausstellung ,Verbrechen der Wehrmacht‘ und auf die Rede Walsers zeigen, daß öffentliche Beschäftigung mit der NS-Zeit bislang nur auf gut eingeübten Wegen erlaubt ist. Wir wollten aber der Auseinandersetzung nicht ausweichen.“
Während der Ausstellung werden Filme von Riefenstahl, darunter „Triumph des Willens“, der Auftragsfilm über den Nürnberger Parteitag der NSDAP von 1934, gezeigt. „Denjenigen, die die Wiederaufführung solcher Filme fürchten, sei gesagt: Die Nazipropagandafilme haben ihre gefährliche Strahlkraft längst hinter sich. Sie sollten offen gezeigt werden, um klarzumachen, wie damals gefährliche Uniformität gefördert wurde, die Massenmorde ermöglichte. Für wirksame Propaganda bedürfte es heute einer anderen Form.“ Dennoch ahnt auch Dalichow, daß die Ausstellung zur Zielscheibe diverser Angriffe werden könnte: „Den Superlinken werden wir nicht scharf genug sein, den Superrechten nicht milde genug.“
Riefenstahl habe die seit 1996 geplante Ausstellung von Anfang an unterstützt. „Sie wartet seit Jahrzehnten darauf, daß sie in Deutschland als Künstlerin geehrt wird. Natürlich ist ihr daran gelegen, sich als unpolitische und unbescholtene Filmemacherin und Fotografin darzustellen“, erläuterte die Museumschefin. „Sie öffnete uns ihr Privatarchiv. Bei Texten und Wertungen fürchteten wir zunächst Eingriffe der Leihgeberin. Wir sagten ihr, daß gerade wir als Ostdeutsche die Meinungsfreiheit zu schätzen wissen. Bis zum Schluß gab es dann eine gute Kooperation.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen