: Strieder plant mehr Wohnungen für weniger Berliner
■ Anstieg der Single-Haushalte erwartet. Grüne kritisieren „ungebremste Wachstumsplanung“
Wo in Berlin gewohnt wird, ist eine Frage des Wohnungsmarktes. Wo in Berlin in Zukunft gewohnt werden wird, ist auch eine des Wohnflächenmarktes. Denselben neu zu ordnen hat sich derzeit Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) vorgenommen. Während im Flächennutzungsplan (FNP) von 1994 noch potentielle Neubauflächen für über 400.000 Wohnungen ausgewiesen werden, soll im künftigen Stadtentwicklungsplan (StEP) Wohnen die Nachfrage den aktuellen Bevölkerungsprognosen angepaßt werden. Desweiteren, so Strieder, sollen die zu aktualisierenden Flächenvorschläge an den Leitbildern der Innenstadtverdichtung und Nachhaltigkeit angepaßt werden. Einen ersten Entwurf des StEP Wohnen stelle Strieder in der vergangenen Woche im Stadtentwicklungsausschuß vor.
Heftige Kritik erntete Strieder diesmal allerdings nicht von seinem Dauerkontrahenten, Bausenator Jürgen Klemann (CDU), sondern von den Grünen und der PDS. Als „ungebremste Wachstumsplanung, die die Bevölkerungsdaten überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt“, bezeichnet die grüne Abgeordnete Ida Schillen den Plan. Und die PDS monierte, daß die Frage, was für wen gebaut werden solle, überhaupt keine Rolle spiele.
Zwar hat Strieder nun erstmals eine negative Bevölkerungsentwicklung (minus 13.000 bis zum Jahre 2010) prognostiziert. Gleichwohl rechnen die Demographen seiner Verwaltung mit einem Anstieg der Haushalte in Berlin um 67.000, wovon der Ostteil der Stadt mit 55.000 Haushalten am meisten wachsen soll. Den Widerspruch zwischen Bevölkerungsrückgang und Haushaltswachstum erklärte Strieders Referent Philipp Mühlberg mit der Zunahme von Single- Haushalten. Insgesamt prognostiziert der StEP-Wohnen einen Bedarf von bis zu 150.000 neuen Wohnungen bis zum Jahr 2010.
Auch der hohe Anteil an Eigenheimen im Stadtentwicklungsplan ärgert die Opposition. So sollen allein 55.000 der 150.000 Wohnungen als Reihen, Doppel- oder Einzelhäuser gebaut werden. Als weiteren Beitrag zur „Privatisierung der Stadtentwicklung“ sieht die grüne Abgeordnete darüber hinaus das Festhalten von Strieder an den städtebaulichen Entwicklungsgebieten wie der Wasserstadt Oberhavel. Obwohl der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses dem Senat erst kürzlich den Abschluß weiterer Verträge in der Wasserstadt untersagt hatte, heißt es in Strieders StEP Wohnen lediglich, daß die Quartiersentwicklung „flexibel auf die Markterfordernisse umgeplant werden“ müsse. Von einem Ausstieg, wie ihn die Grünen fordern, keine Rede.
Laut Strieders Referent Mühlberg handelt es sich aber lediglich um eine Angebotsplanung. Nach der Feinabstimmung mit dem Bausenator und den betroffenen Bezirken soll der Plan im Februar vom Senat beschlossen werden. Uwe Rada
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