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SPD-Ortsvereine wollen „Seiteneinsteiger“

■ Jung-Unternehmer Andreas Kottisch gleich zweimal für die SPD-Liste vorgeschlagen

Gleich in zwei SPD-Ortsvereinen ist Andreas Kottisch, der 32jährige High Tech-Unternehmer und Vorsitzender der Junioren in der Handelskammer, am Dienstag abend als Bürgerschaftskandidat vorgeschlagen worden. In Oslebshausen bekam Kottisch dabei einfach den Landeskinder-Bonus: „Der war nicht da“, sagt die Ortsvereinsvorsitzende auf die Frage, welchen Eindruck Kottisch auf die Basis gemacht habe. Die 18 Mitglieder des Ortsvereins, die da abstimmten, kannten ihn auch nicht. Allerdings ist Kottisch im Stadtteil als Junge aufgewachsen, und auch die Eltern wohnen noch „Hinter dem Moor“, das reichte für 12 von 18 Stimmen.

In Schwachhausen-Nord, wo Kottisch selbst mit Frau und Säugling wohnt und auf der Parteiversammlung am Dienstag drei Stunden lang mit den Basis-Genossen diskutierte, fiel die Mehrheit eindeutiger aus: 20 von 25 Sozialdemokraten votierten für den parteilosen „Seiteneinsteiger“.

Wie kommt Kottisch zu der Rolle als echter Unternehmer und Wirtschafts-Fachmann auf der SPD-Liste? Henning Scherf habe ihn zu einem Gespräch eingeladen, ohne besondere Begründung, sagt der und versteht es letztlich auch nicht. Denn gekannt habe Scherf ihn vorher auch nicht so richtig.

Am Ende des sehr langen Gesprächs habe ihn der Bürgermeister dann mit der Frage überrascht, ob er für die SPD in die Bürgerschaft wolle. Da habe er Scherf erst einmal aufklären müssen, daß er das Parteibuch der FDP in der Tasche habe, erzählt Kottisch. Aber bei den Liberalen war Kottisch nur Karteileiche, eine Parteiversammlung hatte er nie besucht, der Austritt eine Formsache.

Das Unternehmen BCI, „Business Communications International“, das Kottisch als Gesellschafter und Geschäftsführer aufgebaut hat, verkauft Fachkompetenz über EDV-Netze. Seine Examensarbeit hat der studierte Wirtschaftswissenschaftler in Bremen geschrieben. Thema: die Bedeutung von Risiko-Aversionen und Risiko-Bereitschaft für Anreizstrukturen. Seine Risiko-Bereitschaft, in die Politik zu gehen, sei durch die „gute Stimmung“ in Bremen erhöht worden, erklärt Kottisch, „da möchte ich gern mitgestalten“ und seinen Sachverstand einbringen. Eine echte Bürgerschaftsdebatte hat Kottisch allerdings noch nicht verfolgt.

Auch in Bremen-Buntentor sind am Dienstag die Favoriten für die SPD-Bürgerschaftsliste bestimmt worden. Thomas Ehmke, 20 Jahre jung und vor kurzem noch Gesamtschüler-Aktivist, fiel trotz des höchsten Segens der Parteispitze im ersten Anlauf durch. Der Ortsverein wollte klarmachen, daß „seine“ Kandidatin Renate Möbius heißt. Erst im zweiten Anlauf bekam auch Ehmke die erforderliche Stimmenzahl. Nun muß die Mandatskommission der SPD entscheiden, ob auch Ehmke einen aussichtsreichen Listenplatz bekommen soll. K.W.

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