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Die Asche der Väter

■ Chris Eyres Film "Smoke Signals" ist der erste von "Native Americans" geschriebene, inszenierte und koproduzierte Film

Amis sind verlogen. Nachdem sie den größten Teil der Indianer ausgerottet haben, lassen sie sie zur eigenen Belustigung immer wieder gerne auferstehen. Schon vor hundertfünfzig Jahren vergoß das weiße Publikum gern heiße Tränen, wenn es in sogenannten Indian Plays weißen Schauspielern zuschaute, die im Gesicht rot angemalt, den Untergang der noblen Wilden darstellten, bestaunte sie – wie auch andere Angehörige romantisch-naturnaher, aber doch nicht so recht stubenreiner Menschenvölker – auf Weltausstellungen in Menschenzoos und ging auch gern zu Wildwestshows. Proteste gegen die Klischees, die die bis weit in die siebziger Jahre durchgängig von Weißen gespielten Indianer zu erfüllen hatten, wurden erst in den sechziger Jahren laut, als sich die meist weißen, der Beat generation nahestehenden Intellektuellen (Gary Snyder usw.) für das spirituelle Erbe der amerikanischen Ureinwohner zu interessieren begannen. Zu einer Zeit also, als alle Hippies Indianer sein wollten und sich auch Gruppen wie die Indian Actors Guild und der Indian Actors Workshop zu Wort meldeten. Mittlerweile macht sich auch Hollywood für Indianer stark. Das Hollywood Access Program for Natives (H.A.P.N.) bemüht sich, Indianern eine professionelle Filmausbildung zukommen zu lassen. Etwa 50 indianische Filmemacher gibt es zur Zeit in den USA, 20 indianische Kinofilme werden derzeit produziert.

Chris Eyres wunderschönes Roadmovie „Smoke Signals“, ist das Spielfilmdebüt des 28jährigen Cheyenne/Arapaho-Indianers und der erste Film, der ausschließlich von Native Americans geschrieben, inszeniert und koproduziert wurde. Die Geschichte beginnt in Idaho, in dem Reservat der Coeur- d'Alene-Indianer. Arnold Joseph (Gary Farmer), ein kräftiger Mann, trinkt zuviel. Am Morgen nach einem großen Besäufnis, das sein kleiner Sohn Victor hilflos-angewidert beobachtet, zerschlägt Victor die restlichen Bierflaschen und drischt mit der ohnmächtigen Wut eines Kindes auf das Auto des Vaters ein. Die Mutter verlangt, ihr Mann solle mit dem Trinken aufhören oder verschwinden. Der setzt sich in seinen Wagen und verläßt seine Familie. „Wenn ein Indianer geht, kehrt er nie wieder zurück.“

Zehn Jahre später erreicht die Familie die Nachricht vom Tod des Vaters. Fern der Heimat ist er in Phoenix, Arizona gestorben. Der Sohn Victor (Adam Beach), ein sportlicher junger Mann, der nie lächelt, will die Urne des Vaters und dessen Auto abholen. Allein, es fehlt an Geld für die Reise. Der gleichaltrige Thomas Builds-The- Fire (Evan Asams), ein schmaler, ewig quatschender Außenseiter, der sich bislang vergeblich um die Freundschaft Victors bemühte, hat das nötige Geld und bietet ihm an, die Reise gemeinsam zu unternehmen.

Thomas ist zapplig, hat seine Haare zu Zöpfen gebunden, die der andere weibisch findet, redet ständig, grinst oft verunsichert oder erfreut. Victor dagegen versucht in seinem Holzfällerhemd wie ein stoisch-stolzer Krieger auszusehen. Besonders genervt ist er, wenn Thomas ihm begeistert Geschichten über seinen Vater erzählt. Denn Arnold Joseph hatte ihn als Baby aus einem brennenden Haus gerettet, in dem seine Eltern verbrannten. Victor dagegen wurde von seinem Vater verlassen. Auf einem Platz vor der Stadt treffen die beiden Suzy (Irene Bedard; die Stimme von Disneys Pocahontas), eine umherschweifende, zart- entschlossene Krankenschwester, die ihnen vom Vater erzählt und ihnen die Dose mit der Asche des Vaters gibt.

In unaufdringlichen Rückblenden erzählt sich die Geschichte von schwachen Vätern und verunsicherten Söhnen. Gern schaut man in die Gesichter der Schauspieler. Am schönsten sind vielleicht die eher dokumentarisch wirkenden Sequenzen; die Aufnahmen aus dem Reservat, in dem nie was los ist, die Wohnungen der Helden, die Turnhalle, in der Victor als Junge Basketball spielt, der leere Platz in Phoenix, wo der Wohnwagen des Vaters steht, oder die Szene, in der Victor Thomas die Hälfte der Asche seines Vaters schenkt.

Wie in jedem Roadmovie geht es um Verwandlung und Transformation. Man fährt, und danach ist man anders geworden. Am Anfang stand das Feuer; am Ende sieht man in das wirbelnde Wasser eines Flusses. Bewegend und ohne jegliches Opferpathos. Detlef Kuhlbrodt

„Smoke Signals“. Regie: Chris Eyre. Mit Adam Beach, Evan Adams, Irene Bedard, Gary Farmer, Tantoo Cardinal u.a. USA 1998, 88 Min.

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